Das Aufstehen am Morgen gestaltete sich recht hart, ich merkte die fehlende Stunde Schlaf (wir waren schließlich „erst“ gegen halb zwölf ins Bett gekommen). Das machte aber nichts: Ich war noch ganz beglückt von dem schönen Abend, in mir klangen die Lieder nach und ich war sehr glücklich, auf dem Konzert gewesen zu sein. Jedes Mal das Gefühl „das sollten wir öfter machen“, nun gut, jetzt war es zwei Jahre lang schwer möglich gewesen, aber trotzdem. Ich schaute gleich mal für die nächsten Wochen (unsere zwischen-den-Jahren-Konzerttradition klappte ja dieses Jahr schon mal nicht, buh). Anfang Januar gab es aber etwas im örtlichen Theater, das vielleicht auch passen würde, es war zumindest eine Option… ich dachte ein bisschen.
Zunächst aber wenig Zeit am Morgen, wir hatten den letzten Prüfungstag des Jahres. Um zehn vor acht gingen der Liebste und ich aus dem Haus, mit dem Gedanken im Kopf, uns etwas zu beeilen, schnell einen Abstecher zum Viertellieblingsbäcker zu machen und dann um acht im Büro zu sein (also zumindest ich, der Liebste würde dann in den Bus steigen). Das allerdings, harhar, stellte sich als ausgesprochen herausfordernd dar: Es nieselregnete auf einen eiskalten Boden, und damit hatten sich sämtliche Gehwege, Zebrastreifen, Brücken, Wohngebietskreuzungen in Eisflächen verwandelt. Sehr, sehr vorsichtig tastete ich mich ins Büro, der Liebste bog zum Bäcker ab und versprach, mir mein Frühstück später vorbeizubringen, damit ich nicht noch später als bei dem Gehtempo sowieso schon zu spät kommen würde. Das war gut, damit hielt sich die Verspätung bei mir in Grenzen und ich kam unfallfrei an. (Die Kollegin, die eine Stunde mit dem Auto aus dem Schwarzwald zur Arbeit pendelt, war im Übrigen vor mir da, weil alle Autostraßen gestreut und eisfrei waren, Prioritäten halt.) Zehn Minuten später bekam ich auch das Frühstück gebracht.
Relativ entspannter Vormittag: Ich half ein bisschen bei der Prüfungsorga, ansonsten war aber meine Kollegin mit der Prüfung beschäftigt und ich konnte mich um meine eigenen Sachen kümmern. Ich schlug ein neues Kapitel in der unendlichen Geschichte mit dem anstrengenden Lieferanten auf und schrieb diverse, teils ärgerliche E-Mails, und auch sonst arbeitete ich Schritt für Schritt meine Mails ab. Es kam wenig Neues dazu, einige Kolleg:innen waren schon ab diesem Montag im Urlaub, es war also ruhig.
Mittagspause um eins mit der zweiten Hälfte Quinoa-Kichererbsensalat und mit den anderen anwesenden Kolleginnen. Eher eine Seltenheit, meistens passt es mir zeitlich nicht so rein, mit den anderen Pause zu machen, oder ich denke nicht dran, wenn ich nicht sowieso im Home Office bin. Aber ein bisschen Kolleg:innen-Socialising ist halt auch wichtig, das war mir erst bei der Weihnachtsfeier wieder klar geworden. Wenn es auch nur Small Talk war und ich ja eher eine Eigenbrötlerin bin.
Am frühen Nachmittag schrieb der Liebste aufs Handy: Er hatte eine ordentliche Migräne und war deshalb nach der Mittagspause wieder heimgegangen. Das nahm ich zum Anlass, auch nicht allzu lang zu bleiben: Etwas Prüfungs-Mithilfe, die letzten Mails, ein paar Absprachen, und dann packte ich um halb fünf zusammen. Unter anderem packte ich mir zwei Tupperschüsseln voller Dinkel ein, die noch von der Feier am Freitag übrig waren und im Kühlschrank vor sich hin standen, keine Ahnung, was der Cateringservice dabei gedacht hat. Ich liebe ja Dinkel und so Getreide wird ja auch nicht schnell schlecht, vor allem wenn es durchgehend gekühlt ist, aber natürlich hatte ich es nicht eingeplant und muss jetzt mal überlegen, wo es reinpasst.
Daheim ging es dem Liebsten, Schmerztabletten sei Dank, schon wieder etwas besser. Ich ließ ihn also am Schreibtisch zurück, machte mir einen Tee, legte mich aufs Sofa und startete ein neues Buch, einen Krimi, den ich aus dem Büchertausch-Schrank bei uns in der Firma mitgenommen hatte. Ich hatte ein bisschen Lust auf unkomplizierte Urlaubslektüre, und der Urlaub steht ja schließlich schon vor der Tür. Nur ein kleiner Wehmutstropfen war, als der Liebste mir eröffnete, dass er die komplette Woche noch arbeiten muss, also bis zum 23., weil das mit Minusstunden-Frei nicht geklappt hat. Irgendwie hatten wir da etwas aneinander vorbeigeredet. Nun ja.
Ich beschloss mir davon nicht die Laune verderben zu lassen, öffnete einen Weißwein (eher für das Rezept, weniger für mich, auch wenn ich mir später ein Glas einschenkte) und kochte uns einen Topf Pasta mit weißen Bohnen und Grünkohl. Und viel Knoblauch. Gutes Essen, nur die weißen Bohnen hatten die Tendenz, ziemlich breiig zu zerfallen und das ganze etwas matschig werden zu lassen. Egal, es war lecker, und außerdem hatten wir eine Schokocreme als Nachtisch.
Die war allerdings, mal wieder, nicht so gut wie erhofft. Irgendwie scheinen wir seit einiger Zeit bei diesem Rezept etwas falsch zu machen oder einen Arbeitsschritt zu vergessen. Auf jeden Fall hatten sich die Einzelkomponenten Seidentofu, Sahne und Schokolade quasi wieder „entmischt“, die Creme war viel zu flüssig und irgendwie nicht homogen. Seltsam. Egal, wir hatten einen entspannten Abend mit Essen und Castle und ein bisschen Krimi.
Und das wäre dann eigentlich alles schon okay gewesen, wenn nicht noch gegen neun das Telefon sich gemeldet hätte und ein alter Freund dran gewesen wäre, um sich für die Weihnachtskarte zu bedanken. Also das war natürlich schon schön, aber wir kamen dann ein bisschen ins Quatschen und er hatte nicht so gute Nachrichten zu erzählen: Der gemeinsame Freund D, von dem ich seit einiger Zeit nichts mehr gehört hatte (ich hatte es vor meinem Horror-November bei ihm mal probiert, ihn aber nicht erreicht). Wie ich fast schon befürchtet hatte, hat man im Herbst festgestellt, dass der schon besiegt geglaubte Krebs wieder zurückgekommen ist. Jetzt hat er Weihnachten bei der Familie und ab Januar werden dann stärkere Geschütze aufgefahren (immerhin gibt es noch etwas im Arsenal, was man probieren kann). Erfolgsaussichten sind fünfzig-fünfzig.
Und da war dann plötzlich Arbeitsstress und Dezember-Melancholie und versaute Schokocreme und alles ziemlich egal.