Um 5 aufgewacht, so halbwach und etwas besserer Laune als am Vorabend. Der Liebste stand irgendwann auf, ich blieb noch liegen bis kurz vor sieben. Unten begrüßte mich das Handy mit der Nachricht, dass wir mal wieder mitten in einer BW-Stromspar-Phase waren (der ganze Sturm in Norddeutschland), also machte ich erst einmal die Lichter aus (es war mit Tageslicht so einigermaßen hell genug), verschob die Spülmaschine auf später und machte den Kippschalter aus, an dem diverse Endgeräte zum Laden hingen („Geräte im Akkubetrieb nutzen“ hieß es schließlich). Einmal Wasserkocher für eine Tasse Tee erlaubte ich mir aber. (Absurderweise gibt die App ja immer die Information, dass man die Nutzung von Haushaltsgeräten „vorverlegen“ soll, was grundsätzlich eine gute Idee ist, außer die Stromsparphase ist von sechs bis acht, die Vorverlegungszeit wäre also in der Nacht von Freitag auf Samstag und am Freitagabend kommt die Push-Nachricht erst um kurz nach zehn. Wo wir schon auf dem Weg ins Bett waren.)
Müsli zum Frühstück, ein kurzer Blick in die Zeitung, ein längerer Blick ins Internet, um halb neun eben Spülmaschine und eine Kanne Kaffee, und dann zog ich mich für den restlichen Vormittag mit Buch aufs Sofa zurück. Zumindest bis elf, wo ich duschen ging und dann in der Küche verschwand: Ich hatte richtig Hunger und wollte mit dem Mittagessen nicht länger warten. Etwas Küche aufräumen, noch ein Tee, dann machte ich uns eine Linsensuppe, unterhalten vom Lage-Podcast. Um zwanzig nach zwölf konnten wir schließlich essen, was für ein Mittagessen ja zwar früh, aber nicht zu früh ist. Keine Ahnung, warum ich so Hunger hatte, das Müsli war eigentlich nicht wenig gewesen.
Etwas Lesezeit nach dem Essen bis zwei Uhr, dann raffte ich mich vom Sofa auf und ging endlich, endlich wieder einmal ins Fitness (nachdem ich ja am Tag davor mit dem Yogakurs bereits die Erkältung für beendet erklärt hatte und auch kein Antibiotikum mehr nehmen musste). Ich war etwas unsicher, wie ich mich nach der zweiwöchigen Pause anstellen würde, vor allem, da der reguläre Zyklus meines Fitnessprogramms jetzt eigentlich durch sein und der Muskelaufbauzyklus starten müsste, und das ist erstens für mich neu (ich bräuchte also eventuell jemanden, der mir das erklärt) und zweitens tendenziell anstrengend. Und vor jedem Phasenwechsel ja eine Kraftmessung, die so kurz nach Erkältung vielleicht auch nicht so super Ergebnisse bringt. Aber als ich ankam, stellte ich fest, dass ich in der letzten Runde des regulären Zyklus war, also kein harter Cut und direkter Umstieg nach der Pause, sondern weiter im bekannten Programm. Was nicht heißt, dass es locker gewesen wäre – ich fand es schon sehr anstrengend. Aber ich kam gut durch und war sehr stolz.
(Die offzielle eGym-Seite schreibt für den ersten Zyklus meines Fitnessprogramms im Übrigen etwas vom „sanften Einstieg“, lol, ich fühle mich da schon, als würde ich bis ans Limit gehen. Aber ich bin auch ein Hemd.)
Noch eine Runde auf den Skill Court (dort hatten sie die Programmauswahl leider komplett geändert, ich musste mich ein bisschen durchsuchen und war nicht so begeistert, nach zehn Minuten und drei Spielen gab ich auf), um vier Uhr war ich schließlich wieder zu Hause.
Der Liebste hatte daheim mittlerweile leider ziemlich ordentliche Kopfschmerzen. (Auch etwas dem Wetterwechsel draußen geschuldet, ein ständiger Wechsel aus blauem Himmel und wolkig.) Trotzdem ging er mit zum Alnatura für den Wocheneinkauf, und die frische Luft schien ihm gut zu tun, der Kopf wurde ein bisschen besser. Er unterstützte mich beim Kochen und zog sich dann irgendwann aufs Sofa zurück, während ich zu Ende kochte, einen „Cottage Pie“, klassisch englisches Comfort Food. Die Füllung aus Zwiebel, Sojahack, Karotten, Sellerie und (von mir ergänzten) Erbsen wurde mit Shoyu und Worcestersauce abgeschmeckt, durfte ein bisschen einköcheln und kam dann in eine flache Auflaufform, und getoppt wurde sie mit einem Deckel aus fluffigem Kartoffelbrei. Vierzig Minuten in den Ofen, bis aus dem Kartoffelbrei eine schöne Kruste geworden war, fertig. Um halb sieben konnten wir essen, was gut war, denn nach dem Essen und fünf Minuten verdauen machten wir uns schon auf den Weg: Wir hatten, wieder einmal, Karten für ein Whiskeytasting.
Auf zehn vor acht waren wir beim Spirituosenhändler unseres Vertrauens im Gewölbekeller in der Tübinger Altstadt. Die Veranstaltung war ausverkauft, es waren schon einige Leute da, als wir kamen. Trotzdem fühlte ich mich leicht geschmeichelt, als wir beim Eintreten vom Sommelier namentlich begrüßt wurden (mein Name stand halt auf der Kartenliste und war deshalb nicht so schwer zuzuordnen, weil ja wie gesagt viele schon da waren, aber egal).
Und jetzt mal eine kleine Runde Tasting-Schwärmerei: Denn am Anfang wurde ich gleich einmal ordentlich überrascht. Als Starter zum Aufwärmen bekamen wir einen Kentucky Straight Bourbon eingeschenkt, und das war tatsächlich außergewöhnlich, denn bisher hatte dort überhaupt noch nie ein Amerikaner auf dem Programm gestanden. Der Abend stand allerdings unter dem Motto „Irland vs. Schottland“, und deshalb sollte der Starter noch „neutral“ sein. Und ich muss sagen: Meine Vorurteile gegenüber amerikanischen Whiskeys (billig, süßlich, eignet sich am ehesten zum Verwässern mit Eiswürfeln, für Whiskey Sour oder halt mit Cola) wurden da aufs Angenehmste widerlegt. Ein 45%-iger Eagle Rare, mit einem nicht allzu hohen Maisanteil, honigfarben im Glas und mit den Aromen von Karamell, Marshmallows und Toffee im Gaumen. Sehr gut.
Danach dann also Iren und Schotten im Vergleich, zwei Blends, der Rest Single Malts. Ich fand nicht alle gleich gelungen, klar. Das waren meine irischen Höhepunkte: ein Teeling Small Batch 45% (vanillig, scharf, getreidig), ein zwölfjähriger Yellow Spot (klar, Jameson-Distillerie halt, what could go wrong – wir haben den Green Spot daheim und der Yellow Spot ist mehr oder weniger der gleiche Whiskey, nur dass man ihm noch einen vierjährigen Ausbau im Malaga-Fass gegönnt hat), ein 50%er Single Malt Lakefield Edition von der Distillerie Waterford (Südwestirland! UND eine unabhängige Distillerie!), ein typischer Ire, sehr weich, mit Aromen von Karamell, Melasse und Sahne (bei unserem letzten Tasting im Januar war auch ein Whiskey aus der Distillerie dabei gewesen, der mich aber nicht so überzeugt hatte – vielleicht eine andere Preisklasse).
Wenn man mich vorher gefragt hätte, hätte ich klar den Iren den Vorzug gegeben, aber auch drei Schotten konnten mich überzeugen: Einmal ein Smokehead, aber nicht der „klassische“, den wir daheim haben, sondern der Rum Rebel, wie der Name sagt im Rumfass ausgebaut und mit Aromen von Räucherschinken und irgendwie, keine Ahnung ob das bei Whisky passt, „Umami“. Dann ein zwölfjähriger Glenallachie (der Sommelier erzählte uns „Vor kurzem erst hat Billy Walker von BenRiach zu Glenallachie gewechselt“ und wir sagten „ah, ja“ und nickten wissend, als ob wir eine Ahnung hätten, wovon er spricht – ich googelte es später, Billy Walker ist einer der bekanntesten Master Distillers Schottlands, könnte man also schon kennen, aber so gut kennen wir uns dann auch wieder nicht aus), mit einem krassen Geruch nach Lösungsmittel, aber überraschend weich im Gaumen.
Und schließlich der Nc’nean Organic, ein nachhaltig produzierter 46%-iger Single Malt mit einem überraschenden Geruch nach Wiese und Meer und einer merkwürdigen Aromenmischung aus Blumen und gelber Paprika. Auch sehr gut und noch einmal ganz anders im Charakter.
Sehr schöner Abend insgesamt mit tollen Whiskeys, tollen Überraschungen, viel Freude an den verschiedenen Aromen – und weil wir noch etwas geschenktes Geld übrig hatten und ein paar Sachen dabei waren, die unseren Whiskeyschrank ausgesprochen erweitern, nahmen wir dann tatsächlich, komplett unvernünftig, zwei Flaschen mit. Nämlich den Nc’nean und, ich muss mich selbst kneifen, um es zu glauben, den amerikanischen Eagle Rare. (Wir dachten ein wenig über den Waterford Lakefield Edition nach, aber der war mir dann doch zu teuer, um ihn daheim in den Brotschrank zu stellen und dann den Großteil an den Angel’s Share zu verlieren, weil wir noch sooo viele andere Whiskeys daheim stehen haben, die auch getrunken werden wollen.)
Gegen halb elf waren wir daheim, leicht angetrunken, kopfwehfrei und sehr zufrieden. Ich las daheim noch mein Buch zu Ende (es war nur noch ein Kapitel übrig, hurra) und um elf gingen wir schlafen und waren froh, dass wir aus dem Haus gegangen waren und die Fastenzeit unterbrochen hatten für ein wenig Gold im Glas.