Brückentag, Hurra, also frei und ausgeschlafen bis kurz vor sieben – leider mit genau dem gleichen Maß an Schmerzen aufgewacht wie am Tag zuvor. Es wäre auch merkwürdig gewesen, wenn der Muskelkater sich so schnell verzogen hätte, es war eher noch die eine oder andere Muskelpartie dazugekommen (Oberschenkel, beispielsweise, damit hatte ich jetzt dann mehr oder weniger gleichmäßig den ganzen Körper durch). Immerhin hatte ich so langsam ein Gefühl dafür, wie ich mich trotz Schmerzen bewegen konnte. Halt nicht schmerzfrei.
Direkt nach dem Aufstehen erst einmal auf die Dachterrasse, wo ich das Wasserreservoir für das Bewässerungssystem nachfüllte, Vogel- und Insektentränke auffüllte (beide komplett leer), die Pflanzen in den Kübeln goss und ein paar allerletzte Cocktailtomaten und Chili erntete. Komplette Sommeraktivitäten, und das am 2. Oktober, es fühlte sich sehr bizarr an. Für den Tag waren wieder 28 Grad angekündigt, und das war alles überhaupt gar nicht okay. Eher unheimlich.
Lustig allerdings war, dass sich in einem eigentlich leeren Kübel (also voller Erde, aber ohne Pflanzen) neben ein paar Unkräutern auch eine Echinacea angesiedelt hatte. Wir haben ja zwei Echinaceen in den beiden großen Kübeln rechts, und offensichtlich hatte eine der beiden ausgesät – keine Ahnung, wie sich Echinaceen vermehren. Wir hatten die Blätter erkannt, als die Pflanze zu wachsen begann, und erst einmal abgewartet, anstatt zu jäten, und das dankte sie uns jetzt mit einer hübschen rosafarbenen Blüte.
Morgens ein Blick in die Zeitung, wo wir sahen, dass es die Prügelei am Supermarkt in die Zeitung und dort als kleine Meldung sogar in den überregionalen Teil geschafft hatte. Das fand ich angesichts des begrenzten Ausmaßes an Verletzungen doch erstaunlich. Vielleicht aber ein gutes Zeichen, dass es an dem Wochenende so wenig anderes berichtenswertes Gedöns aus dem Polizeibericht gegeben hatte. Es ist hier halt doch eher ein eingeschlafenes Fleckchen.
Sonst wenig Zeit für die Zeitung, wir hatten an dem Tag nämlich schon wieder Pläne. Schnelles Porridge mit Apfelmus, schnelle Dusche, der Liebste ließ noch eine Maschine Wäsche durchlaufen, dann holte er das gebuchte Auto (einen Kangoo), wir packten ein paar Sachen zusammen, und um kurz nach zehn fuhren wir los, mit kurzem Stopp beim Viertel-Lieblingsbäcker für zweites Frühstück auf die Hand. Das Ziel: eine über Ebay Kleinanzeigen gekaufte alte Drehmaschine in Pforzheim abholen, so ungefähr eine Stunde Fahrt entfernt.
Relativ okay viel Verkehr, wir kamen gut und ohne Pause durch, bis so zehn Minuten vor der Autobahnausfahrt, wo der Verkehr wegen einer Baustelle sowieso schon ziemlich zäh lief und es auch noch einen kleinen Auffahrunfall gegeben hatte. Also Stau und holpriges Stop-and-go, und das war dann etwas anstrengend. Sowieso Autobahn, ich hatte ein bisschen Kopfweh (der Liebste hatte sich zum Fahren bereiterklärt), und dann stieg die Temperatur ziemlich sprunghaft an, es wurde heiß und sonnig und doof. Dass wir ohne Pause durchgefahren waren und jetzt eine halbe Stunde später kamen als geplant und beide SEHR aufs Klo mussten, half natürlich auch kein bisschen. Aber egal, Jammern auf hohem Niveau, um halb zwölf waren wir da.
Der Liebste hatte die alte Drehmaschine (von irgendwann aus der Zwischenkriegszeit) für den Bastelverein einem anderen Bastelverein abgekauft, ein Repaircafé/Mitmachladen/Werkstatthaus, das gerade noch im Entstehen war und von zwei leicht verratzt aussehenden, öko-links-verpeilten Jungs betrieben wurde. Die Räumlichkeiten hätten vermutlich jedem Feuerschutz- und Sicherheitsbeauftragten die Schweißperlen auf die Stirn getrieben: Die Maschine stand in einer alten Doppelgarage mit Rolltor, so weit so gut, aber im rechten Teil der Garage gab es ein Loch (einfach ein Loch) im Boden, durch das zwei Meter tief eine Holzleiter in einen Kellerbereich führte. Und was gab es dort? Richtig, ein Loch im Boden, wo man in den nächsten Kellerbereich kam. Wobei das Wort Keller eigentlich falsch ist, denn das Haus war sehr am Hang gebaut, und die Garagentor-Ebene des Vorderhauses war einfach zwei Stockwerke höher als die Erdgeschossebene des Hinterhauses. Wenn man zwei Ebenen nach unten kletterte, kam man also wieder bei Sonnenlicht auf Erdbodenniveau heraus.
Wir luden erst einmal die Drehmaschine ein (ich beschränkte mich darauf, Kleinteile wie Zahnräder und so zu tragen, meine Muskeln wollten nichts anderes, ich hatte schon Mühe, eine Flasche aufzudrehen) und schauten uns dann die merkwürdig gestapelten Räumlichkeiten an. Ich war sehr unglücklich über den Gedanken, zwei Stockwerke über wackelige Leitern auf Betonboden zu klettern („das ist eher nicht so deine Komfortzone, oder“ sagte einer der beiden, ich strahlte das wohl sehr aus), aber hey, erstens keine Blöße geben, und zweitens gab es auf der untersten Ebene eine Toilette, und das war Motivation genug.
Ich kletterte also nach unten, schaute mir alles ein bisschen an (jede Ebene vollgestellt mit Maschinen, Material, Werkzeug, Schränken und Gedöns, alles ein bisschen verkruschtelt und voll, aber irgendwie auch sehr cool und mit viel, sagen wir Potenzial, halt work in progress), ließ mich ein bisschen volllabern (der arme Mensch hätte es alles besser dem Liebsten erzählt, ich hatte keine Ahnung) und ging dann auf die Toilette. Und schon war ich wieder komplett tiefenentspannt. Und der Liebste fünf Minuten nach mir auch.
Abfahrt um zwanzig vor eins – wir überlegten kurz, ob wir in Pforzheim vegan essen gehen sollten (es hätte ein paar Optionen gegeben), aber wir hatten uns Brote mitgenommen und noch Bäckerzeugs dabei, also gingen wir nur schnell tanken und holten uns einen Kaffee (übrigens HAFERMILCH an der Tanke, unfassbar, ich war ganz im Glück) und fuhren direkt wieder nach Hause. Mittagessen unterwegs im Auto (Laugen und Brot mit Erdnussbutter und sowas, Wasser, Kaffee mit HAFERMILCH).
Der Heimweg klappte perfekt, wir kamen wunderbar durch und waren um zehn vor zwei schon am Bastelverein. Da war es dann allerdings mit meiner Energie für diesen Tag vorbei. Mir war durch den Kaffee leicht schlecht (die Milch war zu sehr aufgeschäumt gewesen und Milchschaum mag ich gar nicht), Die Sonne stand quasi senkrecht am Himmel und war unglaublich unangenehm, und überhaupt wollte ich heim und nichts mehr rumtragen und keine Maschinen mehr anschauen müssen, von denen ich nicht wusste, wofür sie gut waren und warum man sie überhaupt haben wollte (fürs Protokoll: Die Metall-Drehmaschine war dafür da, Teile von anderen Maschinen anzufertigen, und zwar indem man ein Metallstück einspannt und dann dreht und bearbeitet – für Achsen und Schrauben und Gewinde und so etwas, was weiß ich).
Glücklicherweise kam ein anderes Mitglied des Bastelvereins zum Ausladen vorbei und ich schaute ein bisschen zu. Setzte mich mit einer halben Flasche kühlem Spezi in die geöffnete Ladefläche des Kangoo (dort war es schattig) und wartete ein bisschen. Und dann fuhren wir und waren um drei endgültig zuhause.
Der restliche Nachmittag: Sofazeit, unterbrochen von noch einer zweiten Maschine Wäsche zum Aufhängen. Ein Blick auf Mastodon, das mir schon wieder genauso auf die Nerven zu gehen beginnt wie Twitter, vielleicht sind diese Microblogging-Dienste einfach nicht so meine Welt, ansonsten las ich ein bisschen und machte dazwischen die Augen zu. Gegen fünf gingen wir noch zum Einkauf zum Alnatura und dm, und wegen einer einzigen Kleinigkeit dann noch zum Futterhaus (eine spezielle Schaufel fürs Katzenklo, wir haben bis jetzt nur eine Schaufel, aber zwei Klos – mindestens ein Klo pro Katze, heißt es, eigentlich sogar immer ein Klo mehr als man Katzen hat, aber das Gebüsch im Garten zählt als drittes Klo). Immerhin dieses Mal kein Gekloppe auf dem Parkplatz.
Und dann Ruhe daheim. Wir hätten zwar die Option gehabt, abends in ein Kabarett in der Nachbarstadt zu gehen, aber da hätten wir ja Tickets besorgen und aus dem Haus gehen müssen und so, no way, oder alternativ in die Stammkneipe ums Eck, wo an dem Abend Livemusik war. Aber auch da hätten wir bald gehen müssen, außerdem wahrscheinlich voll und trubelig und überhaupt. Wir entschieden uns deshalb dagegen und für einen Abend mit der restlichen Lasagne vom Sonntag, ein bisschen Himbeerquark, ein bisschen Blaulichtporno und noch einem Fingerbreit schwedischen Whisky (wir machten den Svensk Ek leer). Ein bisschen schade, dass das Kulturprogramm mal wieder hintenüber gefallen war, aber andererseits, wer sagt, dass Blaulicht und Whisky nicht irgendwie auch Kultur sind.