…so, Weihnachtsquatsch vorbei, wieder zurück zum Normalzustand, was für den Liebsten Arbeit zwischen den Jahren bedeutete (ich profitierte jetzt von den drei Tagen, die ich im April als Minusstunden statt Urlaub genommen hatte, der Liebste hatte keinen Urlaub mehr übrig). Wir standen also um halb sieben auf, nach einer angenehm ruhigen Nacht (durchgeschlafen und vom Weckerlicht aufgewacht). Vor mir lag ein freier Tag und eine Tonne Sachen im Kopf, die ich gern machen wollte. Urlaub allein ist ja immer ein bisschen blöd, aber ich freute mich darauf, Zeugs tun zu können. Also zumindest jetzt am ersten der Tage zwischen den Jahren.
Müsli zum Frühstück, ein Blick in die Zeitung, dann machte der Liebste sich auf den Weg ins Büro. Ich verbrachte die nächste Zeit am Laptop und schrieb ein bisschen, im Zehnminutentakt unterbrochen von den Katzen, die irgendetwas wollten, aber nicht genau artikulierten was (Futter war reichlich da, raus wollten sie nicht, oder vielleicht doch, mach mir die Tür noch einmal auf, aber ich bleibe in der offenen Tür sitzen).
Irgendwann ausführliche Dusche, dann ging ich ins Arbeitszimmer und startete meinen Rechner: Ich musste erstens Konzerttickets ausdrucken (bei diesem spezifischen Anbieter kann man zwar online kaufen, aber dann nicht online aufs Handy laden, bisschen schade) und zweitens hatte mir das Finanzamt vor Weihnachten noch geschrieben, dass mein Steuerbescheid jetzt da ist. Das Geld hatte ich bereits auf dem Konto gesehen, es war wieder eine Rückzahlung, aber weniger als im letzten Jahr. Das überraschte mich etwas, leider verstand ich aber die Erklärung nicht, die im Begleitschreiben zum Bescheid angegeben war (es hatte etwas mit der Home Office-Pauschale zu tun oder so, ich hatte nicht den Nerv, es mir detailliert anzusehen). Auch überraschend: Der/Die Sachbearbeiter:in (das allererste Mal, dass im Begleitschreiben eine Person als „ich“ auftaucht!) hatte moniert, dass ich meine Steuererklärung zu spät abgegeben hatte. „Ich habe dieses Mal davon abgesehen, einen Versäumniszuschlag zu berechnen“, schrieb er/sie leicht passiv-aggressiv. Eigentlich dachte ich, ich wäre gar nicht verpflichtet, eine Steuererklärung zu machen, und wenn doch, dann hätte ich drei Jahre Zeit. Aber vielleicht haben sich die Regeln geändert, wer weiß, auch hier: kein Nerv, detailliert nachzulesen.
Um elf packte ich meine Geldsammlung in eine Stofftasche und ging aus dem Haus. (Geldsammlung: Einmal habe ich einen Becher mit Kleingeld, in den ich regelmäßig meine Münzen leere, wenn mir der Geldbeutel zu voll wird, und dann hatte ich mir vor ein paar Jahren angewöhnt, jeden 5-Euro-Schein, der als Wechselgeld im Geldbeutel landete, zur Seite zu legen, sozusagen zum „Ansparen“. Das werde ich ab jetzt wohl einstellen, weil das regelmäßige Ansparen mittlerweile anders funktioniert, aber der 5-Euro-Stapel hatte etwas gemütlich Anachronistisches.)
Draußen krass warm, ich hatte zwar Treckingstiefel, Schal und (leichte) Mütze auf, verzichtete aber auf Stulpen und Handschuhe und nahm tatsächlich nur die rote Übergangsjacke. Das war mir die ersten zwanzig Meter zu kühl, ab dann richtig.
Einmal zu Fuß quer durch die Stadt bis zur Hauptstelle der Volksbank, wo ich das Geld abgab. Es gibt dort nicht nur einen Einzahlautomaten, der die Scheine zählt und dabei ein befriedigendes Schrapp-schrapp-schrapp-Geräusch macht (vorausgesetzt, man hat die Scheine vorher daheim auseinandergefaltet, einigermaßen geglättet und die Eselsohren entfernt, so wie ich am Vormittag), sondern auch einen Münzautomaten, bei dem man die Münzen in einen großen Trichter kippt und dann im Display zuschauen kann, wie die Summe immer größer wird, während der Automat die Münzen klingelnd und prasselnd in seinen Eingeweiden verschwinden lässt und durchsortiert. Gelegentlich fällt eine aussortierte Münze zum unteren Schlitz heraus, weil sie falsch ist oder kein Euro oder einfach, wie bei mir in einem Fall, zu abgeschabt und verdreckt, dass sie nicht mehr erkannt werden kann.
Nach zehn Minuten war alles gezählt und wurde mir auf meinem Konto gutgeschrieben. Insgesamt ein befriedigend haptisches Gelderlebnis, hat man in Zeiten des Onlinebanking ja auch eher selten. Und es kamen über 600,- Euro zusammen (was in erster Linie an den 5-Euro-Scheinen lag, die Münzen waren bei etwas über 30,-). Natürlich ist das kein „gewonnenes“ Geld, sondern nur vom Konto über den Geldbeutel in den Sparbecher und von dort wieder zurück aufs Konto transferiert, aber es fühlt sich trotzdem „extra“ an.
Mittlerweile war es kurz nach zwölf und ich machte mich den Weg den Berg hoch zu den Kliniken, wo ich mit dem Liebsten zum Mittagessen verabredet war (mal wieder Besuch-den-Liebsten-bei-der-Arbeit-Tag). Der Weg (teilweise als Treppen) ist unangenehm steil, ich merkte, dass meine Pumpe überhaupt gar nicht trainiert ist (seit der Covid-Infektion im September quasi kein Cardiotraining mehr gemacht). Fühlte sich nicht so gut an, und als ich oben ankam, war ich ziemlich nassgeschwitzt (Mütze und Schal hatte ich schon entfernt). Da zeigt sich wohl ein guter Vorsatz am Horizont.
Auf jeden Fall holte ich den Liebsten aus seinem Büro ab (wo er komplett allein war) und wir gingen ins Casino zum Essen. Veganes Essen: Pilzgulasch mit Quinoareis – das erste Mal seit Jahren, dass ich wieder Pilze aus der Dose zu essen bekam, war aber gar nicht schlecht, nur ziemlich versalzen, aber dafür fand man tatsächlich das eine oder andere Quinoakorn zwischen dem Reis, wenn man ausdauernd genug suchte. Dazu eine kleine Schale Salat, und es war nicht sonderlich voll, die Sonne durchflutete das Casino, es war alles sehr sauber, ich war (trotz Salz) ausgesprochen zufrieden. Danach noch einen Kaffee und ein Marzipancroissant in der Cafeteria der HNO-Klinik (die Cafeteria des Casinos hatte leider geschlossen, und die Cafeteria im Gebäude des Liebsten mag er nicht so gern, weil unfreundliches Personal, aber wenn man auf dem Gelände des Klinikums arbeitet, ist man von Cafeterien ja quasi umzingelt).
Nach einer Stunde Pause entließ ich den Liebsten wieder in die Arbeit und machte mich auf den Rückweg den Berg hinab. Mein Rückweg führte mich einmal quer durch die Altstadt und ich nutzte die Chance, gleich Karten für zwei Whiskytastings im kommenden Jahr zu kaufen. Zum Glück war der Spirituosenhändler einigermaßen leer, außer mir nur noch eine Kundengruppe da (und ziemlich leergekauft, ich habe dort noch nie so viele leere Regale gesehen), aber ansonsten war die Altstadt wirklich gestopft voll. Ich hatte erwartet, dass eine Menge Leute zwischen den Jahren verreist wären, aber gut, es gibt ja keinen Schnee mehr. Auf jeden Fall waren alle shoppen, und zwar nicht nur Stadtbewohner, sondern auch reichlich Touristen. Ich fand es furchtbar anstrengend, mich durch die bummelnden Leute durchzuschlängeln, und war froh, als ich gegen halb drei wieder daheim war.
Dort erst einmal kurze Lesepause, kurzer Mittagsschlaf (mir taten nach dem Bergmarsch – ungefähr 50 Minuten pro Strecke – ziemlich die Füße weh, erstaunlich, dass der Liebste das täglich hochjoggt), und dann schrieb ich einen Einkaufszettel und ging zum Alnatura. Dort war es im Gegensatz zur Innenstadt angenehm ruhig und auch so ziemlich alles da, was ich wollte. Trotzdem danach noch kurz zum Supermarkt (dort etwas mehr los, aber trotzdem okay), wo ich ein bisschen Krempel fand, aber leider weder Grillanzünder noch den veganen Schweizer Raclettekäse – beide ausverkauft. Ich hoffe sehr, dass das in den nächsten Tagen noch aufgefüllt wird.
Apropos Raclette: Ich ging nach dem Supermarkt noch zum Depot, weil es dort 50% auf alle Weihnachtsdekoration gibt, und ich fürs kommende Jahr, in erster Linie für den Friedhof, wieder ein paar Kugeln wollte. Ich stattete mich also mit einigen Packungen Kugeln in verschiedenen Farben und Größen aus (erstaunlich viel echt schlimmer Kitsch dabei, aber auch ein paar klassische rote, goldene, altrosa, in glänzend und matt, und durch die Reduzierung auch preislich echt okay) und entdeckte dabei ein kleines Raclettegerät für zwei Personen. Mit zwei Pfännchen. Ich war sehr in Versuchung, es zu kaufen, und schickte dem Liebsten ein Bild. Wir haben schon eins, antwortete er prompt. Schon, aber unseres hat halt acht Pfännchen, und das ist zu zweit nicht so super – optimal für uns wäre eigentlich eines mit vier Pfännchen, damit jeder zwei hat. Ich ließ das Gerät also stehen und werde noch etwas darüber nachdenken. (Diese Frage stellte sich in den letzten zehn Jahren veganen Lebens halt auch nicht, erst seitdem es jetzt diese eine Firma in der Schweiz hingekriegt hat, richtig tollen veganen Raclettekäse zu produzieren.)
Daheim packte ich die Einkäufe weg, versorgte die meckernden Kater und begrüßte den Liebsten, der um kurz nach fünf nach Hause kam. Er machte das Abendessen (eine große Auflaufform Pastítsios), während ich eine Maschine Wäsche aufhängte und bügelte (da Harold morgens durchs obere Stockwerk gefahren war, war der „Haushalt“ damit auch wieder befriedigend erledigt).
Und dann sehr gutes Abendessen und ein bisschen Abendunterhaltung. Zuerst einmal schauten wir ein bisschen Nachrichten, in erster Linie wegen der Nachrufe auf Wolfgang Schäuble (das letzte Urgestein der Kohl-Ära), und dann entdeckte ich, dass es das neueste Big Fat Quiz für das Jahr 2023 zum Abrufen gab. Also anderthalb Stunden Popkultur-Unterhaltung (ich wusste erstaunlich wenige Antworten, vermutlich weil ich 2023 insgesamt sehr wenig auf Social Media unterwegs war).
Danach hatte ich eigentlich gedacht, dass wir das Weihnachts-Special LOL auf Amazon ansehen würden, aber als ich mich bei Prime einloggte, wurde mir doch tatsächlich Schöne Bescherung vorgeschlagen, oder Christmas with the Griswolds im Original. Vor zwei Jahren, damals noch keine Prime-Abonnentin, hatten wir den erfolglos bei Netflix gesucht. Natürlich kannten wir ihn beide schon, aber es war ewig her, dass wir ihn gesehen hatten (und im Original noch nie). Und da Weihnachten ja gerade mal einen Tag her war, passte das gerade noch so als netter Abendabschluss.