Am Hochzeitstag im 5-Sterne-Hotel in der Schweiz aufgewacht, das könnte nach super Umständen klingen, nur dass der Liebste um sechs von einem sehr lauten Flugzeug geweckt wurde (und ich zwar wegen Ohrstöpseln nicht vom Flugzeug, aber halt irgendwie trotzdem) und überhaupt vor uns die zweite Hälfte der Anreise lag. Wir hielten uns deshalb nicht sehr lang im Zimmer auf, nur lang genug, um einmal die super-Luxus-Regendusche im Granit-Bad zu benutzen und einmal zu schauen, was es sonst noch so an Ausstattung im Zimmer gab (Bügelbrett im Schrank, Bademäntel und Schlappen, Wasserkocher – wurde von uns für unseren Tee-während-Wachwerden benutzt, natürlich Lotion und Zeugs im Bad installiert, aber das gibt es ja überall). Die etwas merkwürdige Lichtschalter-Installation neben dem Bett hatten wir am Abend davor schon ausprobiert (es gab natürlich Nachttischlampe und große Beleuchtung, dazu ein sehr praktisches, ausklappbares Leselicht, außerdem – ebenfalls praktisch, nur dass es unregelmäßig funktionierte – eine klitzekleine indirekte „ich muss nachts aufs Klo-Beleuchtung“, die nicht nur unter dem Bett eine Lichtquelle anschaltete, sondern auch am Fuß der Kloschüssel; etwas weniger praktisch waren die beiden Knöpfe für die Jalousien, die man ständig unfreiwillig aktivierte, wenn man nur das Licht anmachen wollte, und dann noch eine Art Kill-Schalter, der auf einen Schlag alles Licht überall ausmachte, und zwar nicht mehr anschaltbar, außer man fand den Kill-Schalter im Stockdunkeln wieder).
Nun gut. Also viel Licht im Zimmer. Nichtsdestotrotz gingen wir duschen, packten die Koffer danach flughafentauglich um (Elektrogeräte griffbereit, Pflegeprodukte in transparente Beutel) und gingen dann zum Frühstück.
Das war dann tatsächlich schon sehr spektakulär. Mir ist das 5-Sterne-Gedöns überhaupt nicht wichtig, Bademantel auf dem Zimmer brauche ich nicht, aber das Frühstück war super. Ohne groß zu fragen gab es quasi ein veganes englisches Frühstück (minus der Tofuwurst, aber geschmorte Pilze, gebratene Tomaten, Bratkartoffeln), dazu natürlich Pflanzenmilch, Pflanzenaufstrich, und theoretisch hätten wir uns auch noch frische Pancakes oder Shakshuka oder etwas anderes Warmes machen lassen können. Dazu ein Mensch im Anzug (ein Concierge?), dessen einzige Aufgabe es war, permanent durchs Restaurant zu tigern und zu sehen, dass alles passte (was es tat, weil auch die Kellner:innen sehr aufmerksam waren). Gutes Frühstück also, wir aßen uns ordentlich satt, so als Grundlage für den Tag.
Gezahlt hatten wir beim Check-in, ausgecheckt hatten wir gleich morgens online, wir mussten also nur die Schlüsselkarte abgeben und gingen um halb zehn vom Hotel durch den „Circle“ rüber zum Flughafen. Im Circle und auch im Flughafen ist momentan so eine „wir bemalen Statuen für Charity“-Ausstellung, wie es sie auch einigen anderen Städten immer wieder gibt, in Berlin mit Bären und so, dort auf jeden Fall mit Elefanten. Die Elefanten in klein konnte man im Übrigen für viel Geld auch kaufen, wir hielten uns aber problemlos zurück.
Stattdessen eine Runde durch den Flughafen, wir kauften im Swiss Telekom-Shop einen Kopfhörer mit C-Buchse für mein Handy (womit ich ab jetzt den Adapter eigentlich nicht mehr brauchen werde, nun ja) und schlugen halt sonst ein bisschen Zeit tot. Das Gate wurde ausgesprochen lang nicht angezeigt, sodass wir nicht genau wussten, wo wir hinsollten, aber wir hielten uns mit Kaffee und Zeugs über Wasser.
Um kurz vor eins dann endlich der Flug, klappte (abgesehen vom nervigen Kleinkind im Sitz direkt vor mir) alles prima (einziger Brexit-Punkt: Wir brauchten jetzt einen blauen Stempel auf der Bordkarte, und da unsere Bordkarten im Handy waren, bekamen wir ein weißes Papier in Bordkartengröße mit blauem Stempel, tocktocktock). Wir waren wegen relativ windigem Wetter eine halbe Stunde zu spät dran, aber egal. Um 13:30 waren wir schon in London, Zeitverschiebung sei Dank. Hihi. Automatisierte Passkontrolle, Gepäck hatten wir keins aufgegeben, alles sehr schnell.
Direkt vom Flughafen weg gingen wir zum Bahnhof – wir hatten schon vorher entschieden, keinen teuren „Heathrow Express“ zu nehmen, sondern mit der langsameren U-Bahn in die Stadt zu fahren. Also gingen wir erst einmal zum Customer Service, wo die (extrem nette) Frau uns erklärte, dass für uns eine 7-Day-Travelcard am besten sei und außerdem tatsächlich meine alte Oyster Card noch gültig und mit sogar noch ein paar Penny auf der Karte. Seit fünf Jahren! Lol. Ich bezahlte also die Travelcard und noch ein bisschen etwas extra, um den Weg von und nach Heathrow abzudecken (die Travelcard ist nur für die Zonen 1 und 2 gültig), der Liebste holte sich ebenfalls eine Oyster Card, und damit waren wir den gesamten Urlaub über komplett für die Öffis und alle Transporte ausgestattet. SO praktisch.
Mit der Picadilly Line zu King’s Cross (45 Minuten ohne Umsteigen, wir hatten einfach eine EXTREM praktische, zentrale Unterkunft, ich war ein bisschen mit der Tatsache versöhnt, dass wir nicht mit dem Zug hatten anreisen können), dann noch ca. 7 Minuten zu Fuß, und um halb vier waren wir schließlich in unserem „Studio“, was sich als winziges, vielleicht 12 qm großes Zimmer herausstellte, in das man ein Kingsize-Bett und ein paar flache Möbel (Einbauschrank, Regal, Kommode) gequetscht hatte, außerdem hatte man eine Ecke des Zimmers mit zwei Wänden für ein winziges Bad abgeteilt und davor noch eine Küchenzeile untergebracht. Diese immerhin mit einer kleinen Arbeitsplatte, an der man auch sitzen konnte, sodass man das Frühstück nicht im Bett einnehmen musste. Ansonsten schon alles ein bisschen klaustrophobisch, aber man konnte sich gut arrangieren (allein wäre es perfekt gewesen, zu zweit stand man sich halt ein bisschen im Weg rum), und vor allem hatte die Küche alles, was man brauchte (Ofen, Herd, Mikro, Wasserkocher, Töpfe, Geschirr, Zeugs). Und es war sauber und relativ neu und, mitten in London, komplett ruhig. Die Straße vor dem Haus wurde wenig befahren (die große Hauptstraße Euston Road war ein paar Meter weg in die andere Richtung), direkt gegenüber der Straße gab es eine kleine parkähnliche Grünfläche mit Tennisplätzen, man hörte die Leute spielen und die Vögel zwitschern. Das war schon sehr cool und ich war zufrieden. (…natürlich recht teuer, aber in London ist einfach alles teuer.)
Wir packten erst einmal aus, machten einen Tee und eine kleine Pause, und um kurz vor fünf gingen wir ins Brunswick Centre, ein Einkaufszentrum ungefähr fünf Minuten entfernt. Dort Stopp beim Bäcker für zwei Mushroom Pies, ein Hot Cross Bun und eine Zimtschnecke (quasi verspätetes Mittagessen), und dann kauften wir bei Waitrose die Sachen fürs Frühstück für die nächsten Tage: Tee, Pulverkaffee, Instant Oats für Porridge, Hafermilch, eine Packung gemischter Nüsse, zwei Brötchen, Margarine, Orangenmarmelade, Zeugs. Im Übrigen auch zwei große Teetassen, weil es bis jetzt in jeder Ferienwohnung, in der wir waren, keine ordentlichen Teetassen gab. Natürlich brauchten wir absurd lang, weil wir ganz im Glück durch sämtliche Gänge wanderten und uns alles ansehen mussten. Und dann die Checkout-Kassen, die es ja nun mittlerweile auch überall in Deutschland gibt, sodass ich mich da sehr souverän anstellte (im Vergleich zu meinem ersten Versuch bei Tesco’s vor fünf Jahren). Bis ich halt den Kassenzettel wollte und es einen Papierstau im Gerät gab (nicht meine Schuld) und wir dann doch jemanden vom Personal brauchten. Tja.
Daheim Sachen wegpacken, dann die Kuh befragen: Es war schließlich unser Hochzeitstag und wir wollten gern abends essen gehen. Wir fanden eine Option gleich ums Eck im veganen Restaurant Mildreds (das gibt es fünfmal in London, wir gingen logischerweise ins Mildreds King’s Cross), das super bewertet war und von dem ich über VF&L schon gehört hatte (sie haben ein paar vegane Kochbücher herausgebracht, von denen einige Rezepte in den Heften vorgestellt worden waren).
Nun ja. Also teuer war es auf jeden Fall, wobei wie gesagt, London halt, hier ist alles teuer, den Kommentar kann ich mir ab jetzt sparen. Als wir ankamen, war es voll und wir wurden gebeten, draußen (an den Tischen) ein wenig zu warten. Nach fünf Minuten gab es einen Tisch für uns. Sehr guter Service, sehr angenehm. Nur das Essen war okay-ish, aber nicht so gut, wie ich gedacht hätte. Dafür aber sehr viel, wir waren beide am Ende etwas zu vollgefressen. Der Liebste hatte eine Art Bangers & Mash, Pflanzenwurst, Kartoffelbrei und Mayonnaise, dazu frittierte Zwiebeln, getoppt von drei Rashers, also gebratenem Frühstücksbacon auf Pflanzenbasis. Gut, aber wir kriegen ein Essen in dieser Art tatsächlich besser hin. Ich hatte ein Stir Fry mit Udon, Tempeh und gemischten Pilzen, auch gut, aber ein bisschen zu säuerlich für mich. Als Nachtisch teilten wir uns ein Tiramisu mit weißer Schokolade, das sehr mächtig war und wir besser gelassen hätten, hm.
Getränke waren ein Prosecco zum Anstoßen, dann für uns beide ein Bier, und das war dann die erste Erfahrung mit der Tatsache, dass man in England das Biertrinken halt einfach besser sein lässt (außer man will merkwürdige, flache, schlecht gewordene Limo trinken). Der Espresso hinterher war dann der absolute Minuspunkt, viel zu säuerlich und einfach überhaupt nicht gut. Also insgesamt schon okay, das Essen war in Ordnung, die Atmosphäre nett (wenn auch etwas laut), der Service super, aber für den Preis hätte ich mehr erwartet. Nun gut.
Wir waren trotzdem ganz zufrieden und gingen um halb neun nach Hause. Dort zappte ich einmal durch die englischen Kanäle, und um kurz nach neun machten wir schon, wirklich ziemlich erschlagen von dem Tag, das Licht aus.