Ich wachte um kurz vor sechs auf, recht ausgeschlafen und positiv und so weiter. In einer ersten Spontanaktion schnappte ich mir erst einmal den Kater, der um mich herummiaute, und stellte mich mit ihm auf die Waage im Badezimmer (und dann noch mich allein, für die Differenz). Ich kann hier also 6,4 kg notieren (also der Kater), damit hat er leider seit dem Tierarztbesuch vor drei Wochen kein Gramm abgenommen. Und wir waren doch so diszipliniert! Mir ist ja sein Gewicht grundsätzlich egal, nur eine Taille sollte man bei ihm schon sehen können…
Der Liebste war nachts aufgestanden, und als ich morgens runterkam, lag er ziemlich bedröppelt auf dem Sofa, mit Kopfschmerzen und komplett verrenktem Bauch und überhaupt. Also erst einmal schwierige Entscheidungsfindung, ob er so zur Arbeit konnte oder nicht. Da er aber nachts mehrfach seinen Mageninhalt losgeworden war und jetzt ziemlich in den Seilen hing, ging er dann doch an den Rechner, meldete sich krank und legte sich dann wieder ins Bett.
Ich ging erst einmal die untere Toilette putzen und deklarierte sie dann für mich, um eine Ansteckungsgefahr zu minimieren (wenn man schon zwei Toiletten im Haus hat). Keine Ahnung, ob der Liebste sich ein Virus eingefangen hatte, aber ich wollte kein Risiko eingehen. Danach dann ein schnelles Müsli für mich, dem Liebsten kochte ich später eine Schüssel Porridge. Ansonsten das übliche Vormittagsprogramm aus Schreiben und Lesen und so weiter, ein kleiner Ausflug in Richtung Twitter. Außerdem fasste ich mir ein Herz, installierte Outlook auf dem Handy und verband es mit meinem Geschäfts-Microsoft-Account: Dadurch habe ich jetzt meinen Teams-Kalender auf dem Handy. (Und keine Mails, weil über diese E-Mail-Adresse keine Mails geschrieben werden.)
Mittags machte ich die zweite Portion Bratreis warm. Der Tag fühlte sich komplett wie ein leicht melancholischer Sonntag an, da der Liebste zwar daheim, aber nur auf dem Sofa war, und ich meine komplette Einkaufsliste in den letzten drei Tagen schon erledigt hatte.
Ich wollte aber nicht nur daheim rumdödeln und meine Zeit totschlagen (in meinem Kopf immer noch die Stimme, die anklagend URLAUB! DU HAST URLAUB!! Mach was! rief). Nach dem Mittagessen (endlich auch einmal seit ein paar Stunden trocken, es zeigte sich sogar die Sonne) ging ich also für einen Kaffee aus dem Haus. Zuerst zum Optiker: Ich merke schon seit einiger Zeit, dass ich schlechter sehe, und mein letzter Sehtest ist ewig her. Weiß aber nicht, ob es nicht (so mit Ende 40) vielleicht eine gute Idee wäre, die Augen beim Augenarzt ansehen zu lassen. Die Frage konnte mir die Optikerin auch nicht beantworten („kommt darauf an“ war ihre Antwort, naja, woher soll sie’s wissen), sie sagte nur, dass ich bei ihnen zum Sehtest sehr schnell einen Termin bekommen kann. Ich fragte noch nach meinen verkratzten Gläsern, und sie erklärte mir kurzerhand, da könne man gar nichts machen – etwas merkwürdig, ich meine mich zu erinnern, dass mir verkratzte Gläser schon einmal wieder glatt poliert wurden. Ich weiß nicht, ob ich mich da einfach falsch erinnere oder ob sich die Situation geändert hat oder ob sie ein bisschen Unsinn erzählt hat, aber es ist auch egal – die Gesprächsatmosphäre war nicht so angenehm, ich fand sie etwas unwirsch und hatte keine weitere Lust. Ging also ohne Termin (hätte sonst einen Termin direkt ausgemacht). Vielleicht dann doch erst Augenarzt.
Anschließend ging ich noch zu einem neuen Café relativ nah an meinem Arbeitsplatz, das dort erst vor ein paar Wochen eröffnet hat. Von außen sieht es nicht so ansprechend aus und der Name ist auch ein bisschen bescheuert, aber innen war es sehr gemütlich, guter Kaffee (leider nur Hafer-, keine Sojamilch). Ich blieb mit meinem Buch dort bis kurz vor vier und schaute mir den Regen draußen an (natürlich hatte es wieder zu regnen begonnen).
Wieder daheim eine Runde Yoga (Adriene Tag dreizehn: Feel), etwas Hanteln und dann Abendessen: Eigentlich war auswärts essen geplant gewesen, aber da der Liebste krank war, machte ich uns aus dem diversen Wurzelgemüse im Kühlschrank eine einfache Gemüsesuppe. (Wurde von ihm ganz gut vertragen.)
Um Viertel vor sieben ging ich dann nach etwas Hin- und Herüberlegen wieder aus dem Haus – hatte zuerst nachgedacht, ob ich daheim bleiben sollte, jetzt wo der Liebste krank war, ging dann aber doch und war froh darüber. Das Deutsch-Amerikanische Institut hatte in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung zu einem Vortrag von Michael Butter eingeladen, Thema „Verschwörungstheorien in den USA seit 9/11 bis zur aktuellen Zeit“, und wenn man hier in der Stadt schon einen der renommiertesten Verschwörungstheorie-Forscher vor Ort hat, dann kann man das ja auch nutzen. Ich lese momentan sein Buch zu Verschwörungstheorien (bin aber erst am Anfang) und freute mich, ein paar aktuelle Gedanken von ihm zu hören (das Buch wurde 2018 geschrieben, deckt also die aktuellsten Entwicklungen nicht mehr ab).
Ich wurde nicht enttäuscht, der Vortrag war gut anzuhören und wirklich hochinteressant. Die anschließende Diskussion ging teilweise noch etwas mehr ins Detail, teilweise führte sie ein bisschen über das eigentliche Thema hinaus (vom Vergleich Deutschland-USA bis hin zur Frage, wie man konkret mit Verschwörungstheoretiker:innen argumentieren kann), alles sehr spannend. Zwei „kritisch denkende“ verkappte Verschwörungstheoretiker:innen waren auch da und wurden sehr höflich-souverän zurückargumentiert. Meine Frage (zur Verortung von Verschwörungstheorien im politischen Spektrum) wurde ausführlich beantwortet, ich stellte dann zu meinem Amüsement wieder daheim fest, dass diese Frage auch im Buch im nächsten Kapitel steht. Lol.
Der Liebste hatte im Übrigen den Vortrag und die anschließende Diskussion daheim vom Sofa aus verfolgt, weil das DAI den Vortrag live gestreamt hatte (so gesehen hätte ich auch daheim bleiben können, aber ich wollte gern raus – übrigens verhielt sich das DAI mit 2G und tatsächlich gescanntem Impfnachweis vorbildlich). Wir unterhielten uns noch ein bisschen darüber, dann Sofa, Weißwein und Chips (Wein für mich, Chips für uns beide, bis der Bauch des Liebsten feststellte, dass das doch noch keine so gute Idee war). Und langes Lesen. Wenn ich wieder so richtig lesen kann, dann bin ich endgültig im Urlaub angekommen.