Endlich wieder Bonsoir – Donnerstag 15.9.2022

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Sehr müde beim Aufstehen, obwohl ich eigentlich nicht schlecht geschlafen hatte (aber von weißen und schwarzen Kaninchen und weißen und schwarzen Hunden geträumt – der schwarze Hund war der Bruder vom BABYHUND und durfte bei uns wohnen, ungefähr so). Während ich Tee kochte, machte der Liebste frische Nudeln fürs Mittagessen und entsorgte einen leider toten Frosch aus der Waschküche (wir finden nicht immer alle, trotz Wasserschalen). Irgendwie hatte ich komisch gelegen in der Nacht und jetzt einen steifen Hals, also steifer als sonst. Vielleicht wäre heute ein guter Tag für etwas Yoga.
Daraus wurde allerdings nichts, denn andererseits wollte ich die Haare waschen und wirklich nicht zu spät mit der Arbeit anfangen. Nach einem Müsli zum Frühstück (mit tiefgekühlten Himbeeren, was ich mir sofort vornahm öfter wieder zu machen weil lecker, nur dass nach direkt nach dem Frühstück die Mikrowelle merkwürdig zu sirren begann und dann den Geist aufgab) und schnellem Badbesuch war ich um neun am Schreibtisch.

Der Vormittag war, neben dem üblichen Vorbereitung-Korrektur-Administration-Dreiklang, angefüllt von einem längeren Meeting über Teams: Der Prüfungsanbieter (einer der beiden großen, mit denen wir zusammenarbeiten) stellte seine neue Software vor, mit der er in Zukunft digitalisierte Prüfungen abnehmen wird. Beziehungsweise wir werden abnehmen, wir führen die eigentliche Prüfung ja durch. Das Produkt sah ganz gut aus, was wir so in der Schulung sehen konnten. Die eigentliche Schulung war ein wenig durchwachsen, was teilweise der latenten Planlosigkeit der Schulungsleitenden geschuldet war, teilweise (zum größeren Teil) daran lag, dass Teams einfach bescheuert ist – ein Glitch nach dem nächsten, das Programm geht mir echt unfassbar auf die Nerven.
Ich selbst war allerdings technisch auch nicht so ganz auf der Höhe an dem Vormittag: Ich schrieb während des Meetings mit dem Kollegen (der ebenfalls an der Schulung teilnahm) über Chat, und als er zu einem Programmfeature kommentierte, antwortete ich ihm – nur um von ihm über einen anderen Chat, nämlich den privaten, die Nachricht zu bekommen „Achtung private Nachrichten an mich nicht im allgemeinen Chat“ – da hatte er seinen Kommentar (und ich versehentlich meine Antwort) nämlich im Gruppenchat für alle Schulungsteilnehmenden gepostet. Lol. Ich hatte nun nicht geschrieben „die Referenten sind solche Honks“, sondern schon etwas Konstruktives, also nicht ganz so schlimm. Trotzdem nicht gerade geballte Technikkompetenz bei mir.

Um eins machte ich Mittagspause, die morgens frisch gekochten Nudeln mit der restlichen Bolognesesauce. Ich war furchtbar müde und mein morgens verspannter Nacken war den Hinterkopf hochgekrochen und sich zu richtig doofen Spannungskopfschmerzen ausgewachsen. Außerdem war es kalt im Haus (draußen regnete es immer noch), irgendwann nahm ich mir einen Schlauchschal und wickelte mich ein. Dann ein grüner Tee und wieder an den Schreibtisch, Sachen abhaken bis vier Uhr: Da hatte ich einen Punkt fertig und kurz vorher hatte endlich der Regen aufgehört und die Sonne war durch die Wolken gebrochen. Kurzentschlossen machte ich also eine zweite Arbeitspause, schnappte mir meine Laufsachen und ging eine Runde laufen.
So wirklich auf der Höhe war ich nicht, und ich merkte schnell, dass das Laufen an dem Tag unter dem Motto stand „Hauptsache durchkommen“. Nun weiß ich so rational ja, dass das Laufen nicht immer gleich gut geht und dass es Aufs und Abs gibt und man sich auf keinen Fall unter Druck setzen sollte, wenn man an einem Tag mal nicht so gut drauf ist und nicht so gut vorankommt – aber real war es trotzdem furchtbar schwer, sich nicht frustriert zu fühlen, weil es so mühsam war und die Beine so schwer und die Wegmarken, die ich am Dienstag noch locker erreicht hatte, jetzt viel zu weit weg und viel zu mühsam erschienen. Ich verschob anfangs die Gehpausen ein klein wenig nach vorn (lief also kürzere Abschnitte) und machte die Gehpause zur Hälfte ein wenig länger – und siehe da, in der zweiten Hälfte kam ich ein bisschen in den Flow und es lief wieder ganz flüssig, den letzten Streckenabschnitt schaffte ich wie gewohnt. Das war dann allerdings ein ziemlicher Motivationskick.

Um Viertel vor fünf war ich daheim, schaute erst einmal nach dem Kater und ging mir dann den Schweiß abwaschen. Dann schnell umziehen, richten und den Rechner hochfahren, damit ich ab fünf arbeiten und vor allem ab halb sechs unterrichten konnte. Nur ist das nach dem Laufen gar nicht so einfach, weil der Körper noch so aufgeheizt ist, nach dem Duschen und in normalen Klamotten schwitzte ich einfach fröhlich weiter. Bis zum Kursstart hatte sich das einigermaßen beruhigt (ich saß also nicht mit hochrotem Kopf im Kurs), aber es ist tatsächlich eigentlich noch eine Viertelstunde extra Zeit, die man nach dem Laufen einrechnen muss, bis man wieder so ganz arbeitsfähig ist.

Kurs um halb sechs: Auch für den Donnerstagskurs war es der letzte Termin. Eine Person hatte sich für den Abend entschuldigt und mir eine Mail geschrieben, sie würde gern mit mir noch einmal telefonieren. Ich hatte sie also am späten Vormittag angerufen, um zu hören, was sie wollte. Und im Endeffekt wollte sie sich nur für den Kurs bedanken, der ihr großen Spaß gemacht und ihr viel gebracht hatte, und sie wollte wissen, ob es speziell bei mir noch andere Kurse gäbe, die sie buchen könne? Das gab es momentan nicht für ihre Bedürfnisse, aber ich versprach ihr, Bescheid zu sagen mit dem neuen Kursprogramm. Ich freute mich ziemlich über das Telefonat – ich bekomme ja immer wieder einmal positives Feedback, aber in ihrem Fall hatte ich anfangs vermutet, sie fände den Kurs etwas langweilig und für sich eigentlich nicht hilfreich, sie war sehr passiv und zurückhaltend. Turns out, das war einer ziemlichen Unsicherheit geschuldet, und dass sie im Kurs dann auftauen und gut mitmachen konnte, war tatsächlich sehr, sehr cool.

Um sieben schloss ich den Kurs ab, verabschiedete mich von allen, fuhr den Rechner runter und ging nach dem Liebsten schauen. Der hatte unten schon gekocht, eine große Schüssel Salat mit roter Bete, Karotten, weißen Bohnen und Rucola, eine ganz wunderbare Mischung. Wir aßen, holten uns warme Jacken und gingen dann gleich aus dem Haus: In der Stadt war endlich wieder ein richtiger Umbrisch-Provenzalischer Markt. Der Markt (mit Händlern aus den zwei ältesten Tübinger Partnerstädten Perugia und Aix-en-Provence) findet traditionell immer im September statt, die letzten Jahre gab es coronabedingt aber nur eine sehr abgespeckte Version. Dieses Jahr also endlich wieder richtiger Markt, und der Regen hatte ja dankbarerweise auch aufgehört.

Markt also: Für die nächsten anderthalb Stunden mäanderten wir durch die Altstadtgassen, die gut besucht, aber nicht völlig überfüllt waren (Abstand halten war tatsächlich noch möglich), schauten uns alle Stände an (die gleichen Händler wie jedes Jahr, was nicht langweilig, sondern ein frohes Wiedersehen war) und gaben jede Menge Geld aus. Zunächst zum Stand mit italienischem Olivenöl, eine Flasche Basilikumöl, eine zweite Flasche Chiliöl, dringend nötig, unser Chiliöl ist vor einigen Wochen ausgegangen. Dann für uns beide ein italienisches Craft Beer, der Liebste nahm eine sehr würzige, malzige Sorte, ich ein eher leichtes im IPA-Style. Das Bier war okay, aber ich sag es mal so: Es gibt schon einen Grund, warum Italien eher für seine Weine bekannt ist und Deutschland für seine Biere. Wir hatten dort vor drei Jahren schon einmal das Bier probiert und damals auch die beiden Biergläser mitgenommen, die sind nämlich sehr hübsch. Wir brauchen aber keine zwei weiteren mehr (und unsere Schränke sind VOLL), also gaben wir sie wieder zurück, schweren Herzens.

Kleiner Zwischenstopp beim italienischen Olivenöl-Ciabatta, das wir gleich als zweites Abendessen aßen (passte hervorragend nach dem Bohnensalat), dann zum Seifenstand aus Marseille, wo wir uns fünf Seifen mitnahmen, die Auswahl fiel aber so schwer, dass ich da im Lauf der nächsten Tage noch einmal nachkaufen werde. Und schließlich, auch wenn wir eigentlich mit dem Alkohol hatten vernünftig sein wollen, doch noch ein Glas Luberon an einem der vielen Weinstände. Wir beließen es aber bei dem einen Glas, es kam ja noch ein Arbeitstag, und gingen um halb zehn glücklich nach Hause. Das war jetzt eher ein Shopping-Marktabend gewesen, aber in Anbetracht der Tatsache, dass ich es an meinen langen Abenden normalerweise maximal aufs Sofa schaffe, hatte es sich schon total gelohnt. Und der Markt geht ja noch ein paar Tage.