Birthday Boy, Samstag 28.1.2023

  • Beitrags-Kategorie:Tagebuch / Whiskey

Ich wachte das erste Mal um halb sieben auf, einigermaßen ausgeschlafen, blieb aber noch ein bisschen liegen, um den Mitschläfer neben mir nicht zu früh zu wecken. Erstens war ja schließlich Samstag und zweitens lag da ein Geburtstagskind neben mir und atmete sacht. Um halb acht standen wir schließlich auf (auch der Kater hatte ein Einsehen gehabt und kam erst angeschlappt, als wir gerade beim Teekochen waren).
Nachdem die geplante Torte am Tag zuvor nichts geworden war (also das Backen), beschloss ich gleich morgens, mich an die Arbeit zu machen, und holte das Rezept. Wo ich dann feststellte, dass man nicht nur die Kokosmilch 8 Stunden kühl stellen musste (das hatte ich gemacht, die Dosen standen seit Donnerstagabend im Kühlschrank), sondern nach dem Kühlstellen noch zwei Stunden abtropfen lassen, außerdem den Tortenboden backen, dann abkühlen lassen, die Apfelfüllung zubereiten (mit aufgekochtem Pudding), dann auf den Tortenboden streichen und zwei Stunden abkühlen lassen, dann die Creme machen, auf die Torte fabrizieren und noch einmal sechs Stunden abkühlen lassen. Inzwischen wäre es dann vermutlich schon Montag, wenn wir uns an den Plan halten würden (oder anders ausgedrückt, ich hätte am Donnerstag mit der Torte starten müssen, um sie am Samstag fertig zu haben).
Ziemlich doof, vor allem da ich mir das Rezept eigentlich (dachte ich) vorher extra gründlich durchgelesen hatte – die Zeitpausen zwischen den Arbeitsschritten hatte ich aber irgendwie überlesen. Und am Donnerstag hätte ich theoretisch sogar Zeit gehabt, um mit der Torte anzufangen. Und um dem Ganzen den Gipfel aufzusetzen, brauchte man einen halben Liter Mineralwasser, und ich war davon ausgegangen, dass wir das im Keller hätten (sonst hätte ich welches mitgebracht, ich war ja extra Tortenzutaten einkaufen gewesen) – leider war das aber halt stilles Wasser. Was ich hätte wissen können, schließlich hatte ich das Wasser ursprünglich ja gekauft, und Wasser mit Kohlensäure mag ich überhaupt nicht.

Anstoßen mit alkoholfreiem Weißwein-Cranberry-Cocktail-Gedöns (geschenkt bekommen). Roch ganz grauenhaft, schmeckte ein halbes Glas lang ganz okay.

Ungefähr zu diesem Zeitpunkt schaltete sich der Liebste ein, kam fröhlich in die Küche und verkündete, wir würden die Torte jetzt mal zusammen machen, das sei ja sowieso viel lustiger, und überhaupt wer braucht schon Rezepte und Zeitangaben, das Wasser könne man locker durch Hafermilch ersetzen, Mineralwasser für Teig sei eh Quatsch, und ewig warten müsse man überhaupt auch nicht. Einfach die doppelte Menge Backpulver, dann würde das schon laufen.
Wir rührten also einen Biskuitteig mit Hafermilch zusammen, der auch – Backpulver – im Ofen prima aufging, und während der gebackene Teig zum schnellen Abkühlen auf den Balkon kam, schnippelten wir Apfelstifte, kochten Agar-Agar mit Apfelsaft auf, rührten Vanillepuddingpulver drunter, vermischten das mit den Äpfeln und fabrizierten die Mischung auf den abgekühlten Tortenboden. (Zum Glück war das ein Rezept, wo man keinen Tortenboden schneiden musste – hatte ich schon mehrfach bei Geburtstagstorten, und nein danke.) Tortenring drum, dann kam das Ganze in den Kühlschrank und sah schon mal ziemlich ordentlich aus.

Mittlerweile war es kurz nach neun und wir bekamen so langsam Hunger. Zur Feier des Tages gingen wir also nach einer gemütlichen Dusche auswärts frühstücken ins neue Altstadtrand-Café für zwei große Portionen Porridge und zwei Hafermilchkaffee. Das Porridge war sehr gut (keine Selbstverständlichkeit, das letzte Mal hatten sie eine merkwürdige, viel zu süße Weihnachts-Spekulatius-Gewürzmischung drunter gemischt), der Kaffee naja, aber egal. Insgesamt alles sehr gemütlich.
Um elf waren wir wieder daheim und hakten den Wocheneinkauf ab, eine Runde zum Alnatura. Viel los, und ich fühlte mich so langsam ziemlich kaputt (dass mir wieder ziemlich der Ischias wehtat, half auch nicht wirklich). Egal, Sachen wegräumen, und dann war es halb eins und die Torte war lang genug im Kühlschrank gewesen.

Hihi.

Wir machten also den letzten Arbeitsschritt, nämlich die Tortencreme. Die hätte aus abgetropftem Kokos bestehen sollen, und hier kamen wir leider an die Grenze des Machbaren. Das Kokosfett hatte sich nämlich ganz wunderbar in der Dose oben abgesetzt und war von mir abgeschöpft worden, aber ganz ehrlich: Im Kühlschrank wurde diese Mischung einfach komplett hart. Logisch, war ja größtenteils Fett. Mit dem Schneebesen „aufschlagbar“ war da überhaupt nichts. Wir holten die Mischung aus dem Kühlschrank und ließen sie etwas warm werden, was überhaupt nichts brachte, stellten sie also vorsichtig ins Wasserbad, was sie ein bisschen weicher machte, aber sie war trotzdem ziemlich bröselig. Schließlich starteten wir einen Versuch mit Küchenmaschine und Schneebesen, was nur dazu führte, dass die Creme von hart und bröselig mehr oder weniger sofort zu flüssig überging und von einem aufschlagbaren, sahneähnlichen Produkt maximal weit entfernt war.
Wir wollten nicht auf den letzten Metern noch die Torte versauen, also füllten wir die Kokoscreme in ein Glas und packten es in den Kühlschrank für irgendwann später (weiß der Geier in welchem Rezept). Und dann holten wir die vegane Sahne von Alpro aus dem Kühlschrank, ein Päckchen Sahnesteif und etwas Puderzucker dazu, und zehn Minuten und eine halbe Packung Zartbitter-Raspelschokolade später hatten wir eine prima Torte, die noch einmal für zwei Stunden (von wegen sechs, warum) in den Kühlschrank durfte. Was die Chance, dass der Geburtstagsmann tatsächlich an seinem Geburtstag noch von seiner Torte probieren durfte, deutlich erhöhte. Es ist SO cool, dass es mittlerweile richtige aufschlagbare vegane Sahne gibt.

Hihihi.

Mittlerweile war es eigentlich Mittagessenszeit, wir hatten aber noch überhaupt keinen Hunger wegen spätem Frühstück und so, also ließen wir das Essen einfach ausfallen, stattdessen mit Laptops und Tee aufs Sofa. Ich war ziemlich kaputt, keine Ahnung warum, und las mich die nächsten zwei Stunden quer durchs Internet, während ich versuchte, nicht allzu kalt zu sein (trotz Feuer im Ofen). Außerdem ein bisschen Schreiben, einen Blick in die privaten Mails, und dann war es plötzlich kurz nach drei und wir beschlossen, dass es jetzt Geburtstagstorten-Zeit war.
Und was kann ich sagen: Es war zwar etwas Generve im Vorfeld gewesen, aber das Ergebnis war absolut fantastisch – ich glaube, das war bis jetzt so ziemlich die beste Geburtstagstorte, die wir in den letzten Jahren hatten. Der Biskuit hätte zwar vier Minuten länger im Ofen vertragen können, aber egal, trotzdem fluffig, und die Mischung aus Apfel-Pudding-Masse und Sahne und Schokoraspeln war einfach… wahnsinnig gut. Als ich Kind war, machte meine Mutter für uns gern einen schnellen Nachtisch namens „Apfelschnee“, den ich sehr, sehr liebte und seitdem in dieser Form nie mehr gegessen habe – im Endeffekt einfach Apfelkompott mit geschlagener Sahne vermischt. Und diese Torte erinnerte mich sehr daran. Wir aßen jeder zwei große Stücke und beschlossen, dass damit das Mittagessen würdig abgedeckt war.

Eigentlich hatte ich darüber nachgedacht, für eine Stunde ins Fitness zu gehen, aber als es mir dann wieder einfiel, war es schon halb fünf und das Studio seit einer halben Stunde zu. (Die eingeschränkten Öffnungszeiten am Samstag sind ein bisschen blöd.) Egal, es war ja auch Geburtstag, und auch wenn wir am Nachmittag nichts weiter taten als lesen und so (der Liebste programmierte ein bisschen, ich schaute mir irgendwann eine Blaulichtdoku auf YouTube an), war es trotzdem schön, die Zeit komplett miteinander zu verbringen. Und übrigens kopfwehfrei, das muss ja auch mal erwähnt werden.
Um sechs machte ich uns dann ein einfaches Abendessen: Restlichen Weißkohl mit Räuchertofu und Karotte angebraten, ein bisschen Kümmel, Salz, Pfeffer, Aceto dazu, ein paar Spirelli gekocht und noch kurz mitgebraten, fertig. Das Essen war eine ziemlich üppige, gute Grundlage für den Abend: Wir hatten nämlich Karten für ein Whiskey-Tasting.

Um Viertel nach sieben machten wir uns also auf den Weg in die Stadt und waren dann für die nächsten knapp drei Stunden beim Spirituosenhändler unseres Vertrauens, bernsteinfarbenes Zeugs im Probierglas schwenken, schnuppern und nippen. Wir gehen ja regelmäßig zu den Tastings dort, und es ist nicht alles gleich interessant, aber dieses Mal war es mal wieder ein schöner Treffer. Das Motto war „Best of 2022“, also die Whiskey-Bestseller des vergangenen Jahres, und das war eine tolle Bandbreite. Der Einsteiger war ein zwölfjähriger Fettercairn, den wir uns bei einem der Tastings letztes Jahr schon mitgenommen hatten, und dann ging es einmal ziemlich querbeet. Der einzige irische Vertreter (aus Waterford) war leider eher flach und langweilig, schade, aber ansonsten waren tolle Sachen dabei. Und merkwürdige, wie z.B. ein dreijähriger isländischer Whisky (Flóki), bei dem ich deutlich mehr Kanten erwartet hatte (schließlich nur drei Jahre alt), aber dem war nicht so. Stattdessen roch er extrem nach Wiese (er war über Schafsdung geräuchert worden, klar, Torf oder Bäume gibt es auf Island ja nicht) und schmeckte… überraschend. Nicht so, dass ich ihn noch einmal würde trinken wollen, aber auf jeden Fall speziell.

Unser Preisniveau.

Der absolute Höhepunkt war dann allerdings ein elfjähriger Lagavulin, Offerman Edition. Wie wir zu unserem Erschrecken feststellten, kostete die Flasche 109,- Euro. Ich war gleich mal etwas misstrauisch, denn wir hatten davor einen ganz weichen, vanilligen BenRiach und einen zart holzigen, angenehm rauchigen Single Malt von der Isle of Raasay gehabt, beides super Whiskys zu der Hälfte des Preises. Und ich konnte mir nicht vorstellen, dass der Lagavulin doppelt so gut sein sollte.
Nun ja. „Doppelt so gut“ ist natürlich schwer zu bewerten, und man zahlt sicherlich auch ein bisschen für den Traditionsnamen und die Sonderedition, aber der Whisky war schon etwas ganz Besonderes. Extrem vielschichtig: Torfig, aber nicht zu sehr, süßlich, aber nicht zu sehr, weich nach hinten und mit einem extrem langen Nachklang. Wir überlegten lang, ob wir eine Flasche mitnehmen sollten, als Geburtstagsgeschenk sozusagen, andererseits: Dreistellig für einen Whisky? Das wäre eine Premiere gewesen, und ich hatte am Ende doch zu sehr Vorbehalte. Und der Liebste auch, wenn er voll überzeugt gewesen wäre, dann hätten wir es gemacht, aber wir entschieden uns dann gemeinschaftlich dagegen.
Stattdessen nahmen wir eine Flasche Eiswein mit (hatte mit dem Tasting gar nichts zu tun, stand da aber halt rum, ich habe noch nie Eiswein probiert und der Liebste schwärmte), und dann eine Flasche von dem Isle of Raasay. Das ist nämlich auch ein toller Whisky und für unsere Geschmäcker absolut wunderbar. (Und auch die toll aussehende Flasche.) Einen dreistelligen Whisky gibt es dann vielleicht zum Sechzigsten oder so.