Präventivmaßnahmen, Dienstag 17.10.2023

  • Beitrags-Kategorie:Tagebuch

Die erste Katzenpfote kam um 5:40 Uhr ins Gesicht, die zweite drei Minuten später. Danach legte der Magerkater sich aber brav mit einem halben Meter Abstand zu mir ins Bett und wartete, bis er schließlich geräuschvoll herunterhüpfte – ich schaute auf den Wecker und sah gerade, wie die Uhr von 5:59 auf 6:00 sprang. Woher weiß dieses Tier das? Nun ja, auf jeden Fall war ich wach, füttern war okay, also stand ich auf. Und hatte dadurch noch ein bisschen Zeit für Zeitung, Schreiben und Tee. Der Liebste machte uns ein Peanut Butter Porridge, und um zehn vor acht ging ich an den Schreibtisch, zum Unterricht ab acht.

Guter Unterricht bis halb zehn, dann Orgakram. Nachdem der Montag so vollgelaufen war, schaffte ich es jetzt am Vormittag einigermaßen, ein paar wichtige Sachen wegzuarbeiten, wartende E-Mails zu beantworten, Informationen weiterzugeben und so. Eine Beratung um zehn, die allerdings etwas unbefriedigend war (weil ich nicht das Passende anbieten konnte und die Person mit meiner Einschätzung und meinem Rat insgesamt ziemlich unzufrieden war), ansonsten Sachen abgehakt und so, zwischendrin dem Liebsten im Arbeitszimmer hallo gesagt, der an dem Tag daheim war.

Um halb zwölf stellte ich das Arbeiten ein, suchte meinen Impfpass und ging zum Hausarzt: Ich hatte am Montagmorgen wegen eines Grippeimpftermins angerufen und gleich für den nächsten Tage einen bekommen (was sehr, sehr cool ist). Kaum kam ich dort in die Praxis, fielen mir die vielen, vielen wartenden Leute auf und mir ein, dass ich VOLLHONK eine Maske vergessen hatte mitzunehmen, in einer Arztpraxis in der Erkältungszeit, wie bescheuert kann man sein. Wie mir die MFA später bestätigte, hätte ich dort vermutlich nach einer Maske fragen dürfen, aber es war sowieso alles so voll und viel los und ich wollte dann auch nicht groß rummachen.
Ich wartete zunächst im Gang vor dem Wartezimmer (sowieso kein Platz mehr frei) und ging erst rein, als ein paar Leute rausgekommen waren und man also Abstand halten konnte. Wenigstens waren einige Fenster offen und es war luftig. Stressig fand ich es trotzdem, vor allem als dann eine Frau mit zwei sehr kleinen Kindern kam, die offensichtlich keine Lust hatten, beim Arzt zu warten. Die Frau war die Patientin und ich fragte mich schon, warum zum Henker sie die Kinder mitnehmen musste und ob die Kinderbetreuung nicht anders hätte gelöst werden können, da kam der Ehemann, nahm ihr die Kinder ab und setzte sich mit ihnen und einem Bilderbuch in den Hausflur.

Eine Dreiviertelstunde Wartezeit, erst Flur, dann Wartezimmer, dann Behandlungszimmer, ein bisschen Smalltalk mit der MFA, die meinen alten Impfpass bewunderte (noch original von meiner Geburt), von ihrem alten erzählte (sie kam aus Leipzig und hatte den alten DDR-Impfpass gehabt, mit rotem festen Einband und Hammer-und-Sichel-Prägung vorne drauf – irgendwann zu BRD-Zeiten hatte sie ihn dann gegen einen gelben eingetauscht, weil sie die ständigen verwunderten Nachfragen leid war) und so am Ende noch beiläufig erzählte, sie selbst sei nicht gegen Grippe geimpft, weil „ich trau mich nicht“. Deshalb würde sie auch Maske tragen, denn in der Praxis hätten sie ja so viel mit Viren zu tun. Jedes Jahr würde sie darüber nachdenken und es vor sich herschieben, irgendwann dann eine Grippe bekommen „und damit ist es dann auch egal“.
Das war auf so vielen Ebenen irrational und einfach völlig absurd, ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Angefangen damit, dass die Frau ganz sicher nicht jährlich eine echte Influenza hat, sondern vermutlich Grippe mit grippalem Infekt verwechselt (was sie als MFA aber halt wissen sollte). Nun ja. Ich kommentierte es nicht weiter, sondern sprach mich stattdessen positiv fürs Maskentragen aus, und dass ich meine heute nur vergessen hätte und so. Aber ganz ehrlich finde ich es erschreckend, wenn Leute, die ja eigentlich medizinisch ausgebildet sein sollten und an der Quelle der Information sitzen, das Impfen nicht hinbekommen, aus einer diffusen Angst heraus. Kann ich einfach null nachvollziehen.

Der eigentliche Impfvorgang war dann superschnell und unspektakulär, die Ärztin war freundlich, aber gestresst, kein Wunder bei dem übervollen Wartezimmer. Um zwanzig vor eins war ich mit Pflaster auf dem Arm wieder daheim. (…Ursprünglich hatte ich ja mal eine kombinierte Covid-Grippe-Impfung für mich für dieses Jahr geplant, aber das hat sich bei mir mit der Infektion Ende August ja erst einmal erledigt.)
Der Liebste machte uns daheim ein schnelles Mittagessen aus angebratenen veganen Maultaschen (die Bürger 2.0) mit sehr vielen geschmälzten Zwiebeln, danach Kaffee und Rätsel, und um halb zwei war ich wieder am Schreibtisch.

Arbeitsreicher Nachmittag. Eine Mail mit einer traurigen Nachricht musste beantwortet werden (eine langjährige Kursteilnehmerin von mir, die ich sehr mag, war leider schwerer erkrankt), ansonsten viel von der Erlediliste. Ein Onlineunterricht bis fünf, dann Unterrichtsnachbereitung und -vorbereitung. Der Liebste steckte den Kopf rein und fragte, ob ich aufhören und eine Runde mit laufen gehen wolle, aber erstens hatte ich dafür keine Zeit, und außerdem, Sport direkt nach der Impfung, vielleicht nicht so eine gute Idee. Er ging auf jeden Fall allein, ich arbeitete noch bis sieben und war dann mit dem Stand der Dinge ganz zufrieden.

Das Abendessen war eine große Schüssel von geraspeltem Wurzel- und Knollenzeugs (Sellerie, Karotten, Kohlrabi) mit einem „Dressing“, das eher ein Pesto war, aus Rucola, zwei Sorten Öl, Limettensaft, Cashewnüssen und Erdnüssen. Klang lecker, war am Ende für mich aber irgendwie ein bisschen langweilig (der Liebste fand es super). Ich frage mich, ob ich so langsam beginne, zu den deftigen, umamireichen Sachen zu tendieren, was bisher ja eher die Domäne des Liebsten war. Nun ja. Es war schon gut und auch sehr schnell gemacht, Food Processor und Küchenmaschine sei Dank.  Am Wochenende hatten wir aus dem Supermarkt eine vegane Pseudo-Hühnerbrust in Scheiben mitgenommen und machten uns zur Rohkost noch ein belegtes Brot (auch hier fand ich den Belag eher ein bisschen lahm, aber das sollte wohl genau so, wenig Fett, wenig Salz). Satt wurden wir auf jeden Fall.

Nur warm nicht. Es war gefühlt krass kalt im Wohnzimmer, obwohl die Heizung lief und der Liebste irgendwann auch den Ofen anmachte. Ich hatte elend kalte Finger und hätte eigentlich lieber eine warme Suppe oder so etwas gehabt. Wahrscheinlich war es eher der Kreislauf, vielleicht merkte ich mein arbeitendes Immunsystem (der Arm begann mir irgendwann am frühen Abend auch leicht weh zu tun, die Impfung tat also, was sie sollte). So gesehen beschwerte ich mich nicht, schaute mich ein bisschen durch Netflix und YouTube und blieb tapfer wach bis halb elf.