Aufgewacht um zwanzig nach sechs zu kampfschnurrender Katze. Noch recht müde, aber kopfschmerzfrei, was nach der halben Flasche Wein und dem Grappa vom Vorabend nicht zu erwarten gewesen war, darüber war ich ganz froh. Allerdings etwas Schmerzen im unteren Rücken, wenn auch vermutlich eher muskulär als nervenbedingt, wohl eine Reaktion auf die Mischung aus Gartenarbeit und Yoga. Ich nahm das mal als „positiven“ Schmerz. Er lockerte sich auch recht schnell.
Nachdem das am Wochenende davor so gut geklappt hatte, probierte ich es am Samstag gleich noch einmal, den Tag früh und mit ein bisschen Tempo zu starten (und nicht den halben Vormittag im Internet zu verdaddeln). Ein bisschen Schreiben, dann Müsli mit Erdbeeren zum Frühstück, während oben Harold fuhr, direkt danach wischte ich das obere Stockwerk durch und ging dann duschen. Das führte dazu, dass ich um zehn fertig und wach und parat war und vormittags noch ins Fitness kam.
Das war super. Erstens war um kurz nach zehn noch ausgesprochen wenig los (ein neuer Physio war zur Betreuung da, jung, durchtrainiert, rotgefärbte Haare, nett), zweitens war ich überraschend fit und die Geräte fielen mir richtig leicht. Fast so leicht, dass ich überlegte, noch einmal eine Kraftmessung durchzuführen (machte ich aber dann nicht, das wäre auch ehrlich ein bisschen unvernünftig und – wait for it – vermessen gewesen). Und drittens war ich um kurz nach halb zwölf dann halt schon wieder daheim und hatte noch total viel vom Tag vor mir.
Zunächst ein paar Takte lesen, ein Blick ins Internet. Der Liebste hatte sich, während ich weg war, ums Badputzen und die erste Maschine Wäsche gekümmert, das war also schon erledigt. Um kurz nach zwölf schon Mittagessen (wir hatten beide Hunger, obwohl das Frühstück nicht so lang her war): ein paar Nudel, im Kühlschrank war noch ein Glas Pesto offen und musste verbraucht werden, und dann hatte ich vom letzten Supermarktfund an fast-abgelaufenem Fleischersatzzeugs eine Packung aufgetaut, irgendwas in Richtung Chickenfilet-Streifen auf Sojabasis, „italienisch“ gewürzt. Ganz okay, nur waren immer wieder Teile dabei, die sich von der Konsistenz erstaunlich nach Pappe anfühlten – so sehr, dass ich kurz nachsah, ob uns versehentlich ein Stück von der Verpackung in die Pfanne gefallen war (war aber nicht so). Merkwürdig. Interessant fand ich aber, dass das Produkt einen Nutri-Score von A hatte, was für ein hochverarbeitetes Produkt wirklich erstaunlich gut ist. Die Balance von Salz, Fett und Proteinen scheint also zu stimmen.
Nach dem Essen ging ich ein bisschen auf den Balkon, aber nicht lang – es war sehr schnell zu warm in der Sonne. Also Lesepause auf dem Sofa. Irgendwann machte der Liebste uns ein bisschen Schlagsahne zu den restlichen Erdbeeren, und dann war es erst halb zwei und wir erledigten schnell den Wocheneinkauf beim Alnatura. Wenig los im Laden, wir brauchten wenig und konnten ohne Wagen gehen, und trotzdem wurde es am Ende dreistellig. Was natürlich mit der Spargelzeit zusammenhängt, aber insgesamt war irgendwie alles teuer. Hm.
Das war es auf jeden Fall an Haushaltszeug – und weil das Wetter großartig war (im Schatten mit langer Hose sehr angenehm) und ich in meinem Buch sehr weit fortgeschritten, zogen der Liebste und ich uns für den restlichen Nachmittag aufs Schattendeck zurück, natürlich begleitet von zwei Katern (die Nachbarskatze schaute irgendwann auch vorbei, von viel Aufregung und Miauen begleitet). SO schön entspannend. Und da las ich dann einfach mein Buch zu Ende: Dead Lions von Mick Herron, der zweite Band der Slow Horses-Reihe.
Ein bisschen weniger spannend und ein bisschen wirrer als der erste Band – ein paar Twists und Plot-Elemente sind mir auch jetzt nach der Auflösung am Ende immer noch nicht so ganz klar. Ich hatte so ein bisschen das Gefühl, dass der Autor die Idee für eine ungefähr 120-seitige Geschichte hatte und sie dann auf Buchstärke auffüllen musste. Aber so langsam freunde ich mich mit den wiederkehrenden Hauptfiguren an, und überhaupt ist es halt sehr London, und es sind Spionagethriller in der quasi-modernen Zeit (ungefähr 10 Jahre alt), und das ist ein Setting, das mir schon gefällt. Der dritte Band liegt schon oben und wird sicher auch gelesen werden.
Die Reihe ist übrigens mittlerweile, wie ich gesehen habe, als Fernsehserie verfilmt worden, und zwar jedes Buch eine Staffel. DAS ist mal ein Konzept, bei dem ich mich wiederfinde – aus einem Buch einen Film zu machen, oder aus einer Buchreihe eine Filmreihe, das hat einfach noch nie gut funktioniert. Als Fernsehserie kann man der Geschichte tatsächlich die Entwicklung geben, die sie im Buch auch hat. …nur läuft das halt auf Apple+ und wird deshalb von uns nie gesehen werden, tja. (Es ist schon genug, dass wir neben der GEZ für zwei Streamingdienste – Netflix und Amazon Prime – bezahlen, da wird kein weiterer dazukommen, einfach nur weil ich es doof finde. Und teuer, diese ganze Aufsplittung hat nicht im Geringsten dazu geführt, dass „der Markt den Preis reguliert“, my arse, sondern nur, dass man jetzt halt doppelt und dreifach zahlt.)
Zum Abendessen kochten wir (eigentlich kochte ich, aber der Liebste half beim Schnippeln) uns eine Art Massaman Curry, „Art“ deshalb, weil ich keine Massaman Currypaste daheim hatte und auch keine Lust, die Paste selbst zu machen, wie vom Rezept eigentlich vorgesehen. Ich nahm unsere Feld-Wald-und-Wiesen-Currypaste aus dem Kühlschrank und peppte sie ein bisschen auf. Dazu Süßkartoffeln, Pilze, Brokkoli, Paprika, Kokosmilch, und am Ende wurde das ein sehr ordentliches Thai Curry.
Abendunterhaltung: Ein bisschen daddeln, ein Blick in die Nachrichten, und ab neun dann das ESC-Finale. Ich hatte ein bisschen überlegt, ob ich reinschauen sollte, am Ende war ich aber dann doch bis zum Schluss dabei – einfach weil die Atmosphäre des Wettbewerbs nett ist und weil es in Malmö war und einfach alles schon Spaß machte. Wenn auch sehr viel richtig nervige und teilweise blöde Musik dabei war (ganz ehrlich, Irland, WTF, und Finnland: nicht mein Humor, ich bin keine 14 mehr), viel Old School-Technopop und Zeugs. Der deutsche Beitrag war okay, aber nicht so wahnsinnig überzeugend, fand ich – ich war über die überaus positive Jury- und Zuhörenden-Bewertung positiv überrascht. Mit dem Gewinnerlied aus der Schweiz konnte ich dagegen sehr gut leben, auch wenn ich beim Zuhören die ganze Zeit Sorge hatte, dass Nemo von dieser merkwürdigen Drehscheibe runterfliegt (das wäre mal ein Effekt gewesen, flying singer oder so).
Insgesamt schon ein netter Abend, leider in der zweiten Hälfte etwas untermalt durch nicht so gute familiäre krankheitsbezogene Nachrichten übers Handy – hm. Das war schon ein Kontrapunkt zum fröhlichen Schlagerfest.
Und dann natürlich noch die große Politik auf der Bühne, oder besser gesagt daneben. Ich war genervt von den Pfiffen gegen Martin Österdahl, weil er entschieden hatte, die Niederlande zu disqualifizieren (was sollte er machen, der Sänger wird aktuell von der Polizei verhört), ich war genervt von den Protesten vor der Halle, über die ich allerdings nur über den Guardian etwas mitbekam, und besonders ärgerlich fand ich die Buhrufe und Pfiffe gegen die israelische Sängerin und gegen das Ergebnis für Israel. Da passte es dann wie die Faust aufs Auge, dass der israelische Beitrag ein extrem hohes Publikumsvoting bekam und dadurch nach vorne katapultiert wurde. Merke: Wer laut schreit und pfeift, repräsentiert damit noch lange nicht die Mehrheit.