Unruhige Nacht, phasenweise tief geschlafen, dann wieder lang wachgelegen und Gedanken gewälzt. Am Morgen sehr müde, ziemlich schwindelig und wackeliger Kreislauf, außerdem fühlte es sich so an, als ob das Kopfweh wieder zurückkommen wollte. Immerhin schien es dem Kater etwas besser zu gehen, er hatte in der Nacht vom Futter gefressen und fraß auch aus der (frischen) Schüssel die halbe Portion. Hatte zwar immer noch Mühe und kratzte sich am Maul, aber immerhin konnte er wieder ein bisschen fressen (und damit auch Flüssigkeit aufnehmen, wenn auch nur sehr wenig).
Ich hatte ja einen Prüfungstag vor mir, und die Kombination aus schwindelig, Katersorgen und Stress war so ziemlich die unangenehmste Zusammenstellung für einen erfolgreichen Tag. Dafür lief es dann, Spoiler, überraschend gut. Um Viertel nach acht ging ich mit dem Liebsten aus dem Haus, wir holten ein Frühstück beim Viertel-Lieblingsbäcker, dann ging der Liebste wieder nach Hause nach dem Kater sehen und ich ging ins Büro.
Den Tag über also Prüfung. Da wir dieses Prüfungsformat parallel in der Hochschule der Nachbarstadt abnahmen, waren zwei Kollegen morgens schon losgefahren und ich war vor Ort hauptverantwortlich. Zu meiner Unterstützung kam eine Kollegin aus dem Prüfungsteam dazu, die ich in diesen Prüfungstyp neu einarbeitete, was natürlich potenziell hätte echt anstrengend sein können, es klappte aber alles prima: Die Technik war stabil (zumindest bei uns, bei der Hochschule im Nachbarort war es deutlich wackeliger, aber da waren die Kollegen betroffen, ich nicht – hier Schulterzucken vorstellen), und die Kollegin übernahm den kompletten Tag die Aufsicht. Ich war jeweils beim Start und beim Ende jedes einzelnen Prüfungsteils dabei, ansonsten konnte ich aber im Büro Dinge wegarbeiten und sogar um Viertel nach eins eine richtige kleine Pause machen (zweite Hälfte Eintopf und ein Kaffee danach). Das war ziemlich entspannt, meinem Kreislauf ging es auch schnell wieder gut und ich hatte also genug mentale Kapazitäten frei, um mir Sorgen um das Tier zu machen.
Der Liebste hatte mir um zehn geschrieben, dass er jetzt schon auf dem Weg zur Tierärztin wäre, zwei Stunden früher als geplant – die Ärztin hatte angerufen, weil ihnen ein Patient abgesagt hatte. Das war auch ganz gut so, denn wie sich herausstellte, war der Kater ziemlich dehydriert und wurde von ihr erst einmal an den Tropf gehängt. Die eigentliche Umfangsvermehrung war für sie schwierig zu identifizieren: Sie vermutete reichlich abgestorbenes Gewebe (wegen der grauen Farbe), aber was genau (Abszess? Fremdkörper? Tumor?) war nicht zu identifizieren. Hart auf jeden Fall, und an einer blöden Stelle hinten im Gaumen, sodass man nicht einfach mal so herumschneiden konnte. Sie machte ein Blutbild, das zum Glück komplett unauffällig war (sprach gegen eine Entzündung) und schlug dann ein CT vor. Dafür musste der Liebste allerdings in die Tierklinik nach Stuttgart.
Nach zwei Stunden also (nachdem der Kater wieder mit etwas Flüssigkeit aufgefüllt worden war) packte der Liebste das Tier in die Box ins Auto und fuhr in die große Stadt. In der Klinik war er schon angekündigt worden und wurde erwartet. Und Jungejunge, was für eine Tierklinik. Nagelneu, großzügig (nach Tierart getrennte Wartebereiche), mit sämtlichen Fachabteilungen und bildgebenden Verfahren und überhaupt war so manches Kreiskrankenhaus ein Witz dagegen.
Da der Kater als Notfall eingestuft war (wegen nicht trinken können), kam er nach kurzer Wartezeit dran. Vor dem CT wurde er noch einmal durchgecheckt, die Tierärztin vor Ort schaute sich das Maul sehr genau an. Und als sie dann mit einem Wattestäbchen hinten am Gaumen herumfummelte (während der Liebste das Mäulchen aufhielt und der Kater versuchte unsichtbar zu werden), fiel ihr plötzlich irgendeine Art graue Platte entgegen. Der Liebste bekam beinah einen Herzinfarkt, weil es aussah, als sei dem Kater der halbe Oberkiefer aus dem Mund gefallen, die Ärztin rief erfreut „aha, ein Fremdkörper“, und damit hatte sich das CT dann erledigt. Wie sich herausstellte, hatte der Kater (dieser Depp) vermutlich von irgendeinem Komposthaufen in der Nachbarschaft irgendwelche Essensreste gefressen und sich dabei ein ekliges graues stinkendes Stück Knochenplatte hinten im Gaumen verkeilt. Kaum war es draußen, ging es ihm wieder gut, er brauchte auch keine Medikamente oder sonst etwas, der Liebste konnte ihn gleich nach Hause nehmen. Dort fraß er hocherfreut und ging dann schnurrend mit dem Liebsten in den Garten. Dieser Honk.
Ich bekam die Entwicklung während der Prüfung per Handy mitgeteilt und war natürlich sehr erleichtert. Und die Prüfung konnte ich auch völlig problemlos abschließen. Noch etwas aufräumen, Nachbereitung, letzte Informationen aus der Nachbarstadt (dort hatte schlussendlich auch alles geklappt), ein bisschen administrative Sachen und um halb sechs ging ich schließlich nach Hause.
Der Liebste war noch im Arbeitszimmer, ich begrüßte also erst einmal den räudigen müllfressenden Straßenstreuner und las ein bisschen.
Zum Abendessen hatten wir eine Portion tiefgefrorenes Chana Dal aufgetaut, wir machten noch etwas Reis dazu, danach den restlichen Apfelkuchen. Und dann Castle und früh ins Bett. Nachdem der Tag so blöd gestartet hatte, war er dann doch ganz prima gelaufen, aber erschöpfend war es insgesamt alles schon, so global gesehen, und deshalb klang „hoch ins Bett und die Decke über den Kopf“ ab halb zehn nach einer prima Idee.