Ganz gute Nacht (nur recht warm, kein Wunder), gegen sieben standen wir auf und versuchten erst einmal, sehr leise Tee zu machen. S kam kurze Zeit später nach oben, mit schlechten Nachrichten: R fühlte sich leider gar nicht wohl. Magenkrämpfe und allgemeines Krankheitsgefühl, schon die Nacht war ziemlich bescheiden gewesen. Wirklich sehr schade, gerade am Feiertag.
Wir frühstückten also erst einmal ohne ihn, er kam dann etwas später dazu, wollte aber nichts. Für uns Aufbackbrötchen und frisch gebackenes Brot, verschiedene Aufstriche, Kaffee und Orangensaft, also ein relativ „normales“ Sonntagsfrühstück, was nach dem üppigen Essen am Tag davor auch okay war. Dann eine schnelle Dusche, R und S packten ihre Sachen, und gegen halb elf fuhren wir zu viert (im Schwestern-Auto) in die Nachbarstadt zum Friedhof.
Dort waren wir ungefähr zwei Stunden mit den beiden Gräbern beschäftigt, jäten, schneiden, einpflanzen. Es ist interessant, wie unterschiedlich sich die beiden Gräber entwickeln: Das Grab meiner Mutter mit deutlich schlechterer Erde (obwohl wir dort schon einige Säcke Graberde verteilt hatten),weniger das Wasser haltend und mehr in der Sonne – dort pflanzten wir ungefähr drei Viertel der mitgebrachten Pflanzen ein und mussten auch einige der Pflanzen vom letzten Mal wieder herausholen, weil sie verdorrt oder abgefressen waren. Man hätte noch mehr an Pflanzen verteilen können, vielleicht auch etwas Größeres. Wir denken über einen Busch nach für das nächste Mal (links steht eine Hortensie, den Zwerggingko rechts hat leider jemand wieder herausgeholt, wahrscheinlich weil er oder sie dachte, die Winterruhe sei eine „kaputte“ Pflanze).
Am Dienstag sechs Jahre, dass meine Mutter gestorben ist. (Und tagelang dachte ich, es sei der fünfte Todestag – in meinem Kopf ist es noch ziemlich 2022. Allerdings kommt mir der Tod meiner Mutter unwirklich weit weg vor, weil sie deutlich vor der Pandemie gestorben ist, und die Pandemie als Monumentalereignis alles in vorher-nachher einteilt.)
Beim Grab meines Bruders dagegen: Mehr Schatten, viel gute Erde und eine Schicht Tonerde ganz unten, sodass es lang dauert, bis der Boden trocken ist. Dort hatte sich alles gut gehalten und ein paar der Stauden vom letzten und vorletzten Jahr waren regelrecht in die Höhe und Breite geschossen und fingen wunderschön zu blühen an. Leider ist der ganze Boden dort voll mit Schachtelhalm (weil irgendein Mensch an einem der Nachbargräber dachte, das sei ein super Bodendecker, und leider die Gräber des gesamten Abschnitts damit überzog). Man musste also einiges jäten, davon abgesehen aber wenig einpflanzen. Der Zwergginko dort (wir hatten auf beiden Gräbern einen gepflanzt) war wunderschön grün belaubt. Das nächste Mal werden wir vermutlich einen Teil der Schafgarbe ausstechen und herausholen.
Gegen halb eins waren wir fertig und fuhren wieder zurück. Sehr warm, vor allem im Auto (das Thermometer zeigte draußen 23 Grad), ich war trotz T-Shirt und Sandalen ziemlich verschwitzt. Zuhause legten R und S sich erst einmal hin, R ging es leider gar nicht besser. Der Liebste und ich machten ein kleines Mittagessen (Linsensuppe mit roten Linsen, Kräutern, Tomaten, Mais). Da R und S nichts essen wollten, warteten wir noch ein bisschen, bis sie um zwei schließlich fuhren, in der Hoffnung, dass sie gut heimkommen würden (klappte) und es R daheim hoffentlich besser gehen wurde (naja, das klappte erst einmal nicht so).
Schöner Besuch, etwas gedämpft am zweiten Tag durch die blöden Magenkrämpfe (und naja, Friedhof, nie ein Stimmungsbringer). Der Liebste und ich machten noch gemeinsam den Wochenplan, ich bestellte die Biokiste, und dann zog ich mich auf die Dachterrasse unter den Sonnenschirm zurück und startete ein neues Buch.
Dort blieb ich bis sechs und merkte meinen Rücken dann so langsam (der Liegestuhl ist zwar bequem, aber nicht wirklich rückenfreundlich). Deshalb Buch zu, Yogamatte ausgerollt, für die nächsten 35 Minuten bewegte ich mich einmal gründlich durch. Die 35 Minuten weiß ich deshalb so genau, weil ich das komplette neue Bukahara-Album (Tale of The Tides) als Untermalung nutzte, und das geht knapp 35 Minuten. Sehr gute Yoga-Länge. Die Rückenschmerzen waren danach zwar nicht weg, aber besser.
Gemeinsames Kochen: Quasi als Pfingst-Abschluss hatten wir Spargel geplant, und zwar ganz klassisch weißen Spargel mit Petersilienkartoffeln und Béchamelsauce. (Die Sauce mit Öl, Mehl, Sojasahne, Hefeflocken, Mandelmus: funktionierte wunderbar.) Gutes Essen, dann ein ruhiger Abend, wir hatten wenig Lust auf Interaktion. Ich schenkte mir den restlichen Wein ein (gerade noch ein Glas), las ein bisschen im Internet und schaute auf YouTube vorbei (ein neues Science Cops-Video unter anderem), und gegen zehn wurde ich sehr müde und verschwand mit Buch in Richtung Bett. Wo ich allerdings noch eine ganze Weile las, denn das neue Buch (Liebe in Zeiten des Hasses von Florian Illies) war… „spannend“ ist der falsche Begriff, aber man war ein bisschen in seinem Bann und konnte sehr schlecht aufhören. Oder ich zumindest.