Zwanzig nach sechs aufgewacht, noch vor dem Wecker, und gleich aufgestanden: Wir hatten an dem Morgen etwas vor und ich wollte nicht in Stress kommen. Der Plan: einmal zur Müllkippe, Sperrmüll wegbringen. Muss immer generalstabsmäßig durchgeplant werden. Wir hatten am Freitagmittag spontan entschieden, das jetzt endlich mal in Angriff zu nehmen, auch wenn man wirklich früh da sein musste, um nicht an der Mülldeponie-Einfahrt 40 Minuten im Stau zu stehen (hatte es schon gegeben).
Erst einmal Katzenmaintenance, Küchenrunde und Tee, dann ging der Liebste den gebuchten Transporter holen und ich machte mich ein wenig frisch und zog arbeitstaugliche Klamotten an. Und dann eine knappe Stunde lang Zeugs einladen, das sich so in den letzten Jahren (ich denke, vor ungefähr drei Jahren waren wir das letzte Mal bei der Kippe) in der Garage, der Einfahrt, hinten im Garten und an diversen Krempelecken im Haus angesammelt hat. Leicht schlechtes Gewissen, weil es doch ein bisschen Lärm machte (aber wir achteten darauf, erst nach sieben anzufangen).
Dann also ins Nachbardorf zur Deponie (der Müll ist ja auf Kreisebene organisiert, wir haben also leider keinen Wertstoffhof direkt in der Stadt, was etwas ärgerlich ist) und dort in die Schlange an der Einfahrt stellen. Die Abgabe ist ab acht Uhr möglich, wir waren um kurz nach acht da und hatten trotzdem drei Autos vor uns. Ging aber schnell. 20 Euro mussten wir für den Sperrmüll zahlen (wir hatten natürlich die Abgabekarte dabei, aber waren über der Volumengrenze), Holz war mit Karte frei, Elektro und Metall sowieso. Eine Stunde Auto wieder ausladen, heimfahren, und um halb zehn waren wir mit allem fertig und sehr zufrieden.
Daheim erst einmal Frühstück (restliches Brot getoastet), duschen, und dann für den restlichen Tag mehr oder weniger aufs Sofa. Ich las mich ein bisschen durchs Internet, schaute YouTube-Zeugs an, solche Sachen. Wenig Produktives, draußen wurde es schon wieder warm. Ich klickte mich ein bisschen durch Mastodon.
Mittags machte der Liebste uns eine Schüssel geraspelten Salat (Rote Bete, Karotte, Apfel, dazu Walnüsse und Joghurtdressing). Danach etwas Kaffee, ein wenig Mittagsschlaf. Putzen verschoben wir auf den nächsten Tag, nur ein bisschen Bettwäsche wurde gewaschen. Um fünf dann wenigstens noch der Wocheneinkauf, einmal zum Alnatura und zum Supermarkt nebenan.
Fürs Abendessen machte der Liebste uns eine wunderbare Pfanne Kässpätzle (die vegane Edeka-Käseeigenmarke eignet sich gut dafür, etwas aufgepeppt mit Sojasahne und Hefeflocken und Zeugs). Wir brauchten eine gute Grundlage, denn für den Abend hatten wir Karten für ein Whisky-Blindtasting. Um zwanzig nach sieben gingen wir also aus dem Haus und in die Innenstadt, in langsamem Tempo, um nicht völlig verschwitzt anzukommen (ich hatte zwar einen kurzen Rock an, aber für den Heimweg noch eine Strickjacke eingesteckt, allerdings eher pro forma – früher brauchte man die im Sommer abends immer!).
Eine Blindverkostung, immer einer unserer liebsten Termine in der Tasting-Reihe. Man hat zwar komplett keine Chance, irgendwas zu erraten (ich hatte dieses Mal – weil ich auf dem letzten Meter noch zwei vertauschte – nur eins richtig, ein absoluter Rookie bei uns am Tisch hatte drei oder vier), aber es macht halt Spaß. Und man verlässt sich komplett auf Nase und Mund und schaut nicht aufs Etikett, was für ein angenehm unverfälschtes Erlebnis sorgt.
Insgesamt acht Whiskys, als Starter ein gefälliger, unaufdringlicher Glenmorangie Triple Cask, und danach fünf Scotch und ein – Premiere für uns – Australier. (Und als achten Whisky einen Trostpreis, ebenfalls einen Scotch, weil niemand von uns alle sechs blind ausgeschenkten richtig erraten hatte – das klappt quasi nie).
Highlights des Abends: Einmal ein Blend (!), Benromach Organic, bei dem ich den Virgin Oak-Ausbau (sich entwickelndes Karamell) und das recht junge Alter (ordentlicher Klebstoff-Geruch) schmecken konnte und lustigerweise sogar den Alkoholanteil mit 46% richtig erriet. Dieser Whisky entwickelt sich im Glas, und auch wenn er noch jung ist, macht er durchaus Spaß.
Dann ein Single Malt aus den Highlands, der Smokehead Cherry Casks. Wir haben ja den Smokehead Original daheim und hatten den Smokehead Rum Cask Rebel schon mal bei einem Tasting im Glas (auch sehr angetan davon). Jetzt also dieser, und es zeigte sich mir mal wieder, wie sehr ich mir mittlerweile die rauchigen Whiskys „zurechtgetrunken“ habe: Nicht einfach nur vulgäres Kohlebrikett, sondern eine schöne Kombination aus Salz, Torf, Leder, Schwere. Sehr schön.
Auch der Trostpreis war wunderbar, Ardnahoe Infinite Loch von der Insel Islay, goldgelbe Farbe, mild und unaufgeregt, mit leichtem Rauch und leichtem Salz.
Und dann die Entdeckung des Abends. Dunkles Weinrot, mit einer unfassbar interessanten Nase nach Kräutern, Anis, Karamell und einem Geschmack nach Toffee und Vanille. Das war Starvard Nova, der einzige Australier in der Reihe. Ich war wirklich geflasht und sehr froh über das Tasting: Von uns aus wären wir nie drauf gekommen, einen australischen Whisky zu probieren, und was für ein Verlust das gewesen wäre. Und weil er dann auch noch preislich wirklich in Ordnung war, nahmen wir eine Flasche mit.
Im Übrigen Preise. Im Whiskybereich haben in den letzten zwei Jahren die Preise leider auf eine sehr unangenehme Art und Weise angezogen, und dem Trend der vielen neuen kleinen, unabhängigen Distillerien (so ähnlich wie die Micro Brewerys beim Bier) folgt das Pendel des gegenläufigen Trends zur Konzentration. Ich unterhielt mich ein wenig mit einer der Fachangestellten des Spirituosenmarkts und erfuhr, dass sie Talisker leider aus dem Programm nehmen mussten, weil die Brennerei von Diageo aufgekauft wurde und dieser Konzern sich auf das Supermarktgeschäft konzentriert (große Abnehmer, große Verträge) und eigentlich nicht mehr an kleine Endhändler verkauft, und wenn, dann zu Preisen, bei denen der Endhändler nicht mehr konkurrenzfähig ist. Zum gleichen Konzern gehört auch Lagavulin, weshalb auch dieser aus dem Programm fliegen musste (nachdem es erst einmal eine Preissteigerung auf über 80,- beim 16jährigen gegeben hatte). Und, besonders traurig für mich, Jameson droht das gleiche Schicksal. Der gehört zwar seit den 80er Jahren Pernod Ricard, aber die Entwicklung dort scheint die gleiche zu sein. Sehr schade.
Wie auch immer. Wir gingen sehr zufrieden und leicht angeschickert nach Hause und stoppten auf dem Heimweg noch für einen – alkoholfreien – Absacker in unserer liebsten Boomerbar. Schauten dem Treiben auf den Straßen zu (viele Menschen unterwegs, dieses Mal kein einziger Rettungsdiensteinsatz) und waren mit dem Tag insgesamt und dem Abend höchstzufrieden.