Drei Urlaubstage, an denen ich JA SO VIEL hätte machen können und es SO VIELE Möglichkeiten gegeben hätte, am Ende ging ich an allen drei Tagen aber kaum aus dem Haus und verbrachte den größten Teil der Zeit am Esstisch oder auf dem Sofa. Das war vielleicht nach fünf Tagen Städteurlaub eine ganz gute Idee. Nur zu berichten gibt es wenig. Zumal das Wetter auch ziemlich durchwachsen war, sehr viel Regen (der Garten dankte es), immer wieder windig, auch wenn es nicht so kalt war – ich wollte nicht raus. Leider auch immer wieder Kopfschmerzen, meine blöde Wetterfühligkeit (eigentlich besser geworden die letzten Jahre) machte sich wieder bemerkbar. Deshalb verzichtete ich auch auf Sport, obwohl ich eigentlich ins Fitness hatte gehen wollen.
Am Mittwoch gegen acht aufgewacht und aufgestanden, runter an den Esstisch und einen Blick in die Zeitung, dann machte der Liebste uns ein Müsli, ich Tee und später Kaffee, und das war es mehr oder weniger: Ich las mich sehr lang durchs Internet, schrieb die fünf Urlaubstage für den Blog zusammen und räumte die Wohnung ein wenig auf. Irgendwann ging ich duschen und machte anschließend die ganze Wäsche (abhängen, sortieren, waschen, aufhängen, bügeln, Urlaubswäsche und Daheimwäsche und überhaupt). Zum Mittagessen gingen wir zum afrikanischen veganen Imbiss im Viertel, endlich einmal wieder, nachdem der Besitzer wochenlang nicht hatte einreisen können, weil er nach dem Weihnachtsurlaub zuerst keine Visumsverlängerung mehr bekommen hatte. (Der Mann wohnt seit einem Vierteljahrhundert in der Stadt.)
Nachmittags putzte ich ein bisschen das Bad, machte den Wochenplan, ging später noch schnell zum Supermarkt ums Eck und brachte das Altglas weg, dann machten der Liebste und ich noch eine Portion Schokoladenmousse (..ein Seidentofu musste verbraucht werden) und wenn ich das so betrachte, hatte ich eigentlich doch eine ganze Menge erledigt. Der Liebste übernahm das Kochen am Abend, eigentlich hatten wir Seitangeschnetzeltes in Pilz-Sahnesoße mit Nudeln geplant, aber da der Supermarkt kein richtiges Seitan hatte, gab es stattdessen fertig gewürztes veganes Gyroszeugs. War ganz okay. Dazu etwas Doctor, logisch, ich brauche es nicht mehr zu schreiben, wir sind in der zweiten Staffel (und beim zehnten Doctor) angekommen und werden wohl die nächsten Monate dabeibleiben.
Am Donnerstag um Viertel vor sieben aufgewacht, aber noch rumgedöst bis acht Uhr, keine Ahnung, ob das eine gute Idee war. Auf jeden Fall leicht matschig beim Aufstehen. Der Liebste war schon auf und hatte auch schon gefrühstückt, er holte mir zwei Scheiben Brot mit Erdnussbutter, ich machte Tee und wurde langsam wach. Und warf dann einen Blick in die Zeitung, was eine schlechte Idee war, weil ich mich wieder ganz unfassbar sehr aufregen und ärgern musste.
Am Tag bevor wir in den Urlaub gefahren waren, war in der Stadt ja ein junger Mann erstochen worden, an einer Stelle, die für Dealertreffen und Kleinkriminalität bekannt ist. Und nun hatte der Mann zufällig eine schwarze Hautfarbe, was unseren rassistischen Bürgermeister zu der Aussage verstieg (auf Facebook veröffentlicht), dass er ja nur Herkunft und Tatort wissen müsse, dann sei für ihn schon klar, was passiert sei (nämlich: wurde halt einer der schwarzen Dealer abgestochen, Pech). Und daraufhin die Kriminalstatistik des Mannes auf Facebook veröffentlichte, und zwar sowohl die Verurteilungen als auch die Verdachtsfälle, die sich nicht bestätigt hatten. Unter dem Motto „da lief ein Vergewaltiger frei herum“ (was nicht stimmte, es handelte sich eher um Bagatellsachen), und die Schlussfolgerung „ist ja nicht so schlimm, dass so einer tot ist“ überließ er seinen ebenso rassistischen, speichelleckenden Fans.
Was das Problem dabei ist. Nicht dass der Bürgermeister ein Rassist ist (das sollte mittlerweile jedem klar sein, es ist Teil seiner Persönlichkeit, das wird sich nicht ändern), sondern dass er wiedergewählt wurde, weil es in der Stadt einen signifikanten Anteil an Menschen gibt, die denken „ja klar, Rassismus, doof und so, aber es gibt ja auch noch andere Sachen, und Rassismus betrifft mich ja eigentlich nicht“ (nach dem Motto „aber die Autobahnen…“). Und natürlich einen signifikanten Anteil Menschen, die selbst ebenso rassistisch sind, aber sich nicht trauen, das laut zu sagen, und sich zu fein dafür sind, AfD zu wählen. Und das macht es leider wirklich, wirklich schwer, in dieser Stadt zu leben. Es waren immerhin 50%.
In der Zeitung wurde mittlerweile Name und Foto des Opfers veröffentlicht (nach dem Bürgermeister auf Facebook, wie gesagt), und ich war einigermaßen erleichtert zu sehen, dass ich ihn nicht unterrichtet hatte und nicht kannte (ich hatte mir ziemlich Sorgen gemacht). Trotzdem natürlich alles sehr close to home, im mehrfachen Wortsinn.
Ansonsten verbrachte ich den Donnerstag im Internet: Viel Blogs lesen, viele Zeitungsartikel lesen, viel Gedöns auf YouTube (bis ich dort auf ein paar eher dämliche und erstaunlich unterkomplexe Videos traf, die sich mit gesellschaftlichen Phänomenen beschäftigten, ohne diese Phänomene überhaupt verstanden zu haben, und es mir zu doof wurde).
Unter anderem las ich (über einen anderen Blog) dieses interessante Interview mit einem Sprachwissenschaftler über das Siezen und überhaupt sprachlich konnotierte Höflichkeitsnormen in verschiedenen Sprachen. Im Rahmen des Artikels wurde mir ein Spektrum-Themenheft Sprache vorgeschlagen, das sich interessant anhörte und als PDF-Download für wenig Geld einfach zu bestellen war. Also bestellte ich und freute mich ein bisschen. Schon länger nicht mehr die kleine Linguistin in mir gefüttert.
Zum Abendessen gemeinsames Kochen, Eintopf mit weißen Bohnen, Kartoffeln und Grünkohl, danach Schokomousse. Dann Doctor, und gar nichts gelesen. Das letzte Buch klang noch so in mir nach, dass mir die Lesepause ganz gut passte.
Bis zum Freitag. Ich wachte wieder um acht auf und stellte mir als erstes einmal den Wecker für die kommenden Tage, damit ich am Montag nicht völlig aus dem Rhythmus war. Leider fühlte ich mich gar nicht gut, ich hatte sehr ätzendes Kopfweh und der gegen die Scheiben prasselnde Regen machte es nicht besser. Beziehungsweise ordentlich Regen, dann Wind und plötzlich komplett blauer Himmel und Sonne, gefolgt von der nächsten Regenfront eine halbe Stunde später. Ich war früher ziemlich wetterfühlig, das hatte sich in den letzten Jahren eigentlich gebessert, aber dieser schnelle Wechsel war dann doch zu viel. Mein Kreislauf war total im Keller, und nach einem Porridge zum Frühstück und einem Blick in die Zeitung nahm ich mir ein neues Buch und verschwand aufs Sofa unter die Decke.
Und dort blieb ich den restlichen Tag. Nach Dusche, Mittagessen und einer Tablette wurde es kopfwehmäßig etwas besser. Gegen Mittag entlud sich ein heftiges Gewitter über der Stadt (Nina warnte vor Orkanböen, wir sicherten die Balkonmöbel), und mit Starkregen und Wind hatte sich das Thema Spaziergang schnell erledigt. Also las ich einfach in einem Rutsch ein komplettes Buch durch (The Scholar von Dervla McTiernan, der zweite Krimi, wieder sehr schön und spannend geschrieben, und außerdem Galway <3). Kurze Pause zum Mittagessen, kurze Pause für Tee und ein paar Chips, längere Pause zum Abendessen (Krautnudeln, ich übernahm das Kochen), und dann weiter, bis ich schließlich um halb zehn fertig war. Hihi. Das alles bei Schmuddelwetter war ein guter Urlaubstag, mal abgesehen vom Kopfweh, das abends leider wieder kam. Trotzdem sehr entspannend, es fühlte sich fast wie Ferien an.