Ein ruhiger Samstag, das war der Plan, mit so ein paar kleinen Haushaltssachen und viel, viel Herumgehänge, um den Stress der Arbeitswoche loszuwerden. Damit fing ich morgens schon an, nach dem Aufstehen um halb sieben (von selbst aufgewacht, ohne Nervkatze, aber halt im frühen Rhythmus). Viel Tee, Müsli zum Frühstück, eine ausführliche Dusche, und dann las ich natürlich das Internet leer, während sich der Regen draußen komplett verzogen hatte und die Temperaturen angenehm wurden.
Ein paar wenige produktive Sachen, vor allem fuhr Harold oben und ich putzte ihm hinterher. Außerdem ging ich mit dem Liebsten in den Baumarkt: Der Liebste hatte für den Samstag kleinere Bauarbeiten geplant, einen Kabelkanal bohren und Kabel verlegen für den neuen Sicherungskasten für die irgendwann dann mal kommende PV-Anlage, außerdem nach dem Bohren und Kabel-Entfernen ein bisschen Wände weißeln. Er hatte meine vollste Unterstützung, also moralisch, mithalfen tat ich nicht wirklich (außer mal was festhalten) – ich wollte dringend einfach nur herumliegen. Das Höchste der Gefühle war, den Mehrfachstecker in meinem Arbeitszimmer gegen einen letzte Woche neu gekauften auszutauschen – wobei ich feststellte, dass beim neuen das Kabel zu kurz war, nervnervnerv. Aber wir gingen ja in den Baumarkt, und neben Elektrozeug (und einem Abzieher für die Dusche, den wir eigentlich nicht so richtig brauchen, aber egal) nahmen wir gleich ein Verlängerungskabel mit. Und zwei Schalen frische Erdbeeren vom Stand auf dem Parkplatz.
Zum Mittagessen das restliche Chili vom Donnerstagabend, die dritte Portion, der Liebste hatte reichlich gekocht. Ein bisschen aufräumen, KEIN Fitness aus dem einfachen Grund, dass es einfach zeitlich nicht gut reinpasste und ich die Disziplin nicht aufbringen konnte – ein typisches Symptom von übervollen Arbeitswochen. Nun ja. Stattdessen also langer Mittagsschlaf und um halb vier schließlich eine Einkaufsrunde zu Alnatura, Fressnapf und dm. Danach ein paar Erdbeeren mit Quark, ein Blick in die Zeitung, ein bisschen Battle Ship, und um halb sechs legte ich mit Kochen los.
Als Abendessen hatte ich ein Stir Fry mit Udon, Shiitake und Champignons, Edamame, grünen Bohnen, Erdnussbutter und Zeugs geplant (eigentlich war das kein Stir Fry, sondern als Nudelsuppe angegeben, aber wir reduzierten die Flüssigkeit, sodass das alles mehr dünstete als köchelte). Das war recht lecker (wenn auch die Udon vom Biomarkt nicht so eine gute Wahl sind, wir müssen da mal im Asialaden nach anderen schauen). Nur war es tatsächlich nicht die beste Grundlage für den Abend, wie sich herausstellen sollte, wir hätten lieber Pasta Bolognese oder eine Sahnesauce oder ein Kartoffelgratin oder etwas in der Art gemacht.
Wir hatten für den Abend nämlich wieder Karten für ein Whiskytasting, ein Blindtasting genauer gesagt. Etwas doof war, dass wir alles so schön zeitlich geplant hatten, und um kurz vor sieben brach dann direkt über der Stadt ein krasses Gewitter los, sodass wir unmöglich aus dem Haus gehen konnten (wir wären innerhalb kürzester Zeit klatschnass geworden). Die App sagte an, dass es gegen halb acht nachlassen sollte, und so war es auch, nur wurde es damit ein bisschen knapp. Aber den ganzen Abend nass sein war auch keine Option. Wir gingen am Ende schließlich um zwanzig vor acht aus dem Haus (ich mit den roten Waldviertlern, die mittlerweile nicht nur prima sitzen und überhaupt nicht reiben, sondern auch wirklich anständig lang wasserdicht sind – ich würde nicht durch einen Bach waten wollen, aber mit dem Gewitterausläufer kamen sie klaglos zurecht). Der Wind hatte soweit nachgelassen, dass wir Schirme nehmen konnten (die neuen aus London, hihi), und nach einem echten Powermarsch quer durch die Stadt kamen wir perfekt mit dem Glockenläuten um Punkt acht beim Spirituosenhändler unseres Vertrauens an. Whisky zieht offensichtlich.
Blindtasting also, dieses Mal ein klassisches Blindtasting ohne extra Features, es gab einfach nur eine Reihe Single Malts, die wir nach Region zuordnen sollten, vier Schotten (Speyside, Arran, Islay, Orkney), ein Engländer (bei dem ich gleich einen Cotswolds vermutete, zu Recht, wie sich herausstellte) und, besonders spannend, ein indischer Whisky.
Als Starter zum Warmtrinken erst einmal ein zehnjähriger Benromach von der Speyside, der sich unaufdringlich und angenehm gab, unanstrengend, unaufgeregt (der Starter ist ja immer etwas, um sich festzuhalten, und bei den Blindtastings immer offen, das Rätselraten passiert erst danach). Und danach eben sechs Whiskys. (Kein Whiskey, denn die Iren wurden bei diesem Tasting sträflich vernachlässigt, buh.)
Um es kurz zu machen: Wie immer bei den Blindtastings war das Regionenraten quasi unmöglich, ich lag bei fünf von sechs falsch. Der einzige, den ich erkannte, war der Schotte von der Isle of Islay – und zwar, weil wir den selbst daheim haben: den schwarzen Sea Shepherd. Zwei weitere Schotten, von der Speyside und der Isle of Arran, hauten mich jetzt nicht vom Hocker. Schon netter war der Signatory Vintage Secret Orkney 13, ein schöner, weicher, angenehmer Begleiter, ein unaufdringlicher Einsteigerwhisky.
Und dann kamen die Höhepunkte des Abends: Einmal eine ordentliche Portion Lösungsmittel in die Nase, sehr kräftig, mit einer Fülle an Aromen (darunter eine winzigkleine Prise Rauch), die sich mit drei Tropfen Wasser erst so richtig lösten. Ich war sehr fasziniert, auch von dem kupfergoldenen Farbton, und konnte mir gar nicht so richtig vorstellen, wo ich den Whisky einzusortieren hatte. Und zu meiner und des Liebsten Überraschung stellte sich das als der indische Whisky heraus: Paul John Edited, 46%, ohne Altersangabe (nicht wahnsinnig alt, nach dem Biss zu schließen). Wir hatten vorher noch ein bisschen blöde gescherzt, ob wir es wohl mit Aromen von Koriander und Curryblättern zu tun bekommen, stattdessen gab es einmal Klebstoff, Holz, Rauch und Honig in die Fresse. Tatsächlich sehr angetan.
Aber nur der Platz zwei des Abends, denn der erste Platz ging nach England: der Cotswolds Single Malt Odyssey Barley. Was für ein toller Whisky, in der Nase schon unfassbar aromatisch, blumig und weich, und am Gaumen dann eine Geschmacksexplosion aus Karamell, Honig, Pflaume und Sherry. So einen netten Whisky hatten wir schon lang nicht mehr im Glas, und dann auch noch aus England! Wir waren völlig angefixt, und offensichtlich nicht nur wir: Man konnte ja während des Tastings mit 10% aufs Whiskysortiment einkaufen, und als wir nachfragten, war der Cotswolds schon weg. War aber egal, wir bestellten ihn nach. Und weil der Paul John noch da war, nahmen wir eben den mit.
Als Trostpreis und Absacker (es hatte natürlich keiner gewonnen, das klappt bei den Tastings nie) gab es für alle dann noch einen Islay Single Malt, den Bunnahabhain Very Cloudy, und das war ein sehr schöner, angenehm rauchiger Abschluss. Beim Whisky gilt ja: Nicht Käse, sondern Torf schließt den Magen.
Auf dem Heimweg merkte ich den Alkohol dann ziemlich, deutlich mehr als normalerweise nach den Tastings (wie gesagt, Note to self, Udon mit Gemüse taugen nicht als Grundlage). Nichtsdestotrotz machten wir noch einen Halt in unserer Lieblingsbar, naja, eine von drei Lieblingsbars (oder vier), für einen Espresso (man soll ja vor dem Whisky keinen Kaffee trinken) und einem Gin & Tonic – den allerdings alkoholfrei. Wir wollten uns schließlich nicht zu viel zumuten.