Landeshauptstadt, heiß – Sonntag 19.6.2022

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Ich konnte nach eins erst einschlafen, wegen Gedanken, Sorgen, Hitze. Wachte allerdings trotzdem um zwanzig nach sieben auf, und das vor dem (bis jetzt) heißesten Tag des Jahres. Das wird alles noch mal sehr lustig. Auf jeden Fall machten wir wieder im Haus alle Fenster auf, nur dass es draußen gar nicht mehr so stark abgekühlt hatte, es hatte um halb acht schon über 20 Grad.

Ich startete den Tag langsam mit viel Tee, duschte dann ausführlich und wusch mir die Haare. Um zehn stand S dann auf und wir frühstückten gemeinsam mit Kaffee, gebratenen Pilzen und Toast. Dann gab es noch mehr Kaffee und wir besprachen unsere Pläne für den Tag. S hatte am Abend davor vorgeschlagen, heute schon nach Stuttgart zu gehen, nachdem wir in der Kleinstadt die interessantesten Ecken schon angeschaut hatten und es ihn etwas nach Stuttgart zog (er hatte bis vor einem knappen Jahr für seine schulische Ausbildung dort gewohnt). Es war total heiß und mich hätte es eher in den Wald gezogen, aber es war schon klar, dass S nicht so dafür zu haben war. Der Liebste würde bei dem Wetter allerdings die Waffen strecken, das war schon klar. Wir entschieden also, dass ich mit S fahren wurde und der Liebste währenddessen Putzen und Waschen daheim übernahm.

Um halb zwölf machten wir uns auf den Weg (Sonnencreme, kurze Klamotten, Kappe und Wasser, puh). Ein früherer Zug wäre wahrscheinlich besser gewesen, aber den hatten wir wegen zu langem Frühstück knapp verpasst, und die Regionalbahn, die an jedem Baum hält und über eine Stunde braucht, wollte ich nicht nehmen. Der IRE war wie erwartet auch sehr voll. Direkt vor uns stieg eine Familie mit sieben Kindern, vier Erwachsenen und zwei Kinderwägen ein, damit wurde die Fahrt dann auch ausgesprochen unruhig. Die Erwachsenen waren redlich bemüht, für die Kinder war die Fahrt am Ende trotzdem lang. Und für alle anderen auch.
Mit 10 Minuten Verspätung kamen wir in Stuttgart an und gingen durch den ewig langen für mich neuen Fußgängertunnel zur Klettpassage (an der Baustelle vorbei, in den Bonatzbau kommt man jetzt gar nicht mehr hinein, das fühlt sich sehr komisch an). Dort gingen wir gleich zur U-Bahn und fuhren erst einmal ans Olgaeck, wo ich einen Blick zum Tanzsportladen und zu meinem alten Arbeitsplatz werfen wollte – der Laden war noch dort, wo ich ihn in Erinnerung hatte, aber die Firma war irgendwie auf der anderen Straßenseite. Entweder sind die umgezogen oder mein Gedächtnis trügt mich.

Wir nutzten dort eine Schattenecke, damit S sich mit Sonnenmilch eincremen konnte, dann fuhren wir mit der U7 weiter nach Sillenbuch. Sehr ruhiges, etwas langweiliges Besserverdienenden-Wohnviertel mit größtenteils freistehenden Einfamilienhäusern und großen Autos vor der Tür. Die Sonne brutzelte von oben, es war fast kein Mensch zu sehen.
Direkt neben Sillenbuch gab es aber ein parkähnliches Gelände, das Naturschutzgebiet Eichenhain, mit viel Schatten und einer Tierweide direkt nebenan. Wir spazierten einmal quer durch und fühlten uns, mitten in der Stadt (es fahren drei U-Bahn-Linien hin), wie auf der Schwäbischen Alb.

Wieder zurück im Wohngebiet kamen wir zur „Seniorenresidenz“ Augustinum, wo die reichen Sillenbucher offensichtlich ihre älteren Anverwandten parken, alles eher exklusive Wohnanlage. Dort ließ man uns freundlicherweise auf die Toilette, das hauseigene Café öffnete aber erst um drei. Deshalb gingen wir zur U-Bahn und fuhren weiter über die Fildern und Heumaden (alles sehr ländlich, das soll Stuttgart sein?) bis nach Ruit.

In Deutschland gibt’s auch Costa!

In Ruit um drei erst einmal Mittagspause, in einer Bäckerei drinnen (da mit Klimaanlage) Croissant, Laugenstange und schwarzer Kaffee (Costa Kaffee wie in England, schmelz). Nach Hafermilch braucht man hier nicht zu fragen, die glückliche Kuh gibt das nächste vegan-freundliche Angebot in zwei Kilometern Entfernung an, lol.
Dann sahen wir den ehemaligen Wohnort und die Spazierwege von S an. Alles sehr, sehr ruhig, bis auf ein paar Gassigeher kein Mensch auf den Straßen, auch keine Kinder, die Bürgersteige sind hochgeklappt, niemand zu sehen, alles sehr heiß. Vermutlich sind alle im Pool (hinten raus) oder in den Pfingstferien oder am Max-Eyth-See oder so.

Mit der U7 dann halbstündige Fahrt von Ruit über den Hbf bis zum Nordbahnhof. Alles sehr heiß, wir liefen zu S’s ehemaliger Schule (wo er seine schulische Ausbildung gemacht hat). Dort war es dann halb fünf und die Luft war etwas raus. S hatte nicht mehr so richtige Ideen, was wir noch machen könnten, wir überlegten kurz, zum Rosensteinpark zu laufen und uns dort in den Schatten zu setzen, aber als ich dann sah, dass gleich eine U-Bahn kommen würde und unsere Chancen gut ständen, einen nicht allzu späten Zug nach Hause zu bekommen, beschloss ich, es mit dem Ausflug nach Stuttgart gut sein zu lassen. Wir waren von eins bis halb fünf quasi nur rumgelaufen, mit einem halbstündigen Zwischenstopp im Café, und das bei dieser Affenhitze – es war Zeit für daheim.

Eine Viertelstunde vor Abfahrt des Zuges waren wir am Hauptbahnhof, was sehr gut war, weil wir dadurch beide noch einen recht guten Sitzplatz bekamen. Der Zug wurde gut voll, aber nicht ganz so voll wie bei der Hinfahrt (ganz im Gegensatz zum Zug nach Lindau, der auf dem Nebengleis hielt – der ganze Bahnsteig stand voll mit Leuten). Ruhige Heimfahrt, ich schlief sogar einmal kurz ein. Um zehn nach sechs waren wir daheim (und damit mit elf Minuten Verspätung, wegen „Störungen im Betriebsablauf“, whatever that means, es war faktisch nichts von irgendwelchen Störungen zu bemerken).

Daheim empfing uns der Liebste in einem frisch geputzten Haus, mit gewaschener Wäsche und gemachtem Kartoffelsalat. Ich ruhte mich erst einmal einen Moment aus, quatschte ein bisschen mit dem Liebsten und machte den Wochenplan für die kommende Woche, während S duschen ging. Dann duschte ich mir selbst auch den Schweiß und Großstadtstaub von der Haut (kein Sonnenbrand übrigens, das gute Eincremen und im Schatten-Bleiben hatte sich gelohnt).

Abendessen: Wir hatten am Samstag Burger Buns und Gedöns geholt, der Liebste briet vier Beyond-Patties an und backte die Buns kurz im Ofen auf. Wie immer mit Beyond Meat sehr gute und einfach komplett fleischig schmeckende Burger. Mir reichte allerdings einer gut, S und der Liebste teilten sich das letzte Patty. Dazu ein prima Kartoffelsalat, ich war sehr satt.
Wir blieben zum Essen und nach dem Essen im Haus: Es war einfach immer noch viel zu heiß, auch abends um halb neun. Immerhin konnte man irgendwann die Fenster wieder aufmachen, dadurch wurde es zwar nicht kühler (es hatte um halb neun drinnen und draußen gleichermaßen 27 Grad), aber es gab einen leichten Durchzug. S ging einmal in den Garten und versuchte, dem Kater seine Zuneigung zu zeigen (das klappte im Haus nicht, aber im Garten freute der Kater sich), ansonsten blieben wir am Esstisch, später am Wohnzimmertisch und spielten zu dritt Criss Cross. Das war eine gute Idee: Das Spiel ist schnell gelernt und braucht wenig Gedöns, S fand schnell in den Spielablauf und belegte ein paar Mal mit mir zusammen den ersten Platz, und wir konnten ein bisschen interagieren, ohne uns unterhalten zu „müssen“. Machten wir natürlich nebenher trotzdem. Und dann hatten wir noch Erdbeeren ohne alles als Nachtisch, das ist natürlich kaum zu toppen.
Also ein schöner Abend bis zwanzig nach zehn, wo die beiden alten Leute sich dann dringend ins Bett zurückzogen und S vorher noch verabschiedeten, denn er wollte (und durfte) gern ausschlafen und nicht in aller Frühe am nächsten Morgen mit uns aufstehen, er würde also etwas später dann aus dem Haus gehen.
Insgesamt ein schöner Besuch, nur etwas blöd mit der Hitze, die uns so ein bisschen das Programm verdarb (wir hätten eigentlich gern so eine Art Stadtwanderung gemacht). Aber ich glaube, für den Neffen war es ok und nicht allzu langweilig. So spannend, wie es halt mit zwei alten Leuten und ihrem Garten so sein kann.