Badesee, trocken – Mittwoch 10.8.2022

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Beim Aufwachen tat der linke Arm wieder ordentlich weh. Hoffentlich, weil das Gelenk und alles am Abend davor durchbewegt worden war und jetzt darauf reagierte und das alles zum Heilungsprozess gehörte. Meine drei Negativ-Szenarien: Erstens, die Krankengymnastik hört auf (letzter Termin nächste Woche) und die Schmerzen sind immer noch da, zwar besser als am Anfang, aber andererseits doch noch ordentlich und überhaupt unklar und tagesformabhängig und überhaupt so, dass es eigentlich gefühlt wenig gebracht hat. Zweitens, die Krankengymnastik hört auf, ich merke eine leichte Verbesserung und bin zufrieden, aber nach sechs Wochen ist es wieder so wie am Anfang. Drittens, die Krankengymnastik hört auf, es ist besser, ich bewege mich tapfer weiter und übe und laufe und yogiere und mache Fortschritte und alles prima, und nach zwei Monaten falle ich mit dem Fahrrad auf die Fresse, habe zwei Monate eine Gipsschiene und kann mich nicht bewegen, und dann geht der ganze Spaß von vorne los.
Ach ja, Szenario vier vergessen: Links schmerzt es auf einem leichten Hintergrund-Flämmeln vor sich hin, der Status Quo ist einigermaßen okay, dafür geht es dann im rechten Arm irgendwann los. Da ist ja schließlich auch ein Gelenk in der Nähe.

Mit diesen positiven Gedanken und überhaupt wahnsinnig optimistisch startete ich in den Tag, schaute auf den blauen Himmel (wieder kein Regen, wie fühlt es sich eigentlich an, wenn irgendwann kein Wasser mehr aus der Leitung kommt? Oder nicht genug?), fütterte den Kater, der wenigstens pünktlich da war und die Schüssel leer fraß (und dann über den Balkon verschwand, ich vermute, er ist als Zweitwohnsitz bei der Nachbarin eingezogen) und beschloss, den Arbeitstag im Büro zu verbringen. Nachmittags war ich dort sowieso geplant, und ich hatte keinen Unterricht (vorausgesetzt ich musste nicht einspringen). Der Liebste ging auch ins Büro und ich wollte ein bisschen Menschenkontakt.

Zunächst aber Porridge zum Frühstück, dann eine schnelle Dusche, der Liebste ging um kurz vor acht und ich rollte im Schlafzimmer die Yogamatte aus: Das erste Mal seit Mitte Juli wieder ein Yogakurs. Und passend zu den Gedanken nach dem Aufstehen war das alles sehr unbeweglich und tat ordentlich weh, fast so als würde ich nicht seit Wochen dagegen arbeiten. Hatte sicher auch mit dem frühen Morgen zu tun, aber trotzdem, mäh. Egal, ich machte eine Stunde lang tapfer mit.
Direkt danach fuhr ich den Rechner hoch, ich war als Krankheitsvertretung eingeplant. Es war aber niemand krank und auch sonst keine Katastrophenmeldungen, also machte ich mir noch einmal einen Tee und wollte dann noch schnell nach meinen letzten Texten schauen. Leider war unsere Cloud offline, und als ich mich als Administrator anmelden wollte, kam eine Fehlermeldung. Seufz, seufz. Wenigstens konnte ich über den Laptop auf ein Backup zugreifen, lud also meinen letzten Blogtext hoch und packte dann meine Sachen. Um kurz vor zehn machte ich mich auf den Weg ins Büro.

Den Vormittag über ausschließlich administrative Sachen zu tun, darunter ein Meeting mit einer Kollegin, die sich gerade in einen neuen Bereich einarbeitet, der aber nicht mein Bereich ist, was teilweise zu etwas lustigen Dialogen führte. („Also soll ich das dann so machen?“ – Keine Ahnung, was hältst du für gut? (…es ist dein Bereich?) – „Ja, weiß ich nicht.“)
Um zwanzig nach zwölf machte ich Mittagspause: Ich war mit dem Liebsten in der Stadt zum Essen verabredet. Das kommt ja unter der Woche selten genug vor. Wir trafen uns am Bowl-Imbiss in der Innenstadt, konnten gegen zehn Euro Pfand das Essen in der Porzellanschüssel mit rausnehmen und setzten uns auf die Altstadtmauer in die Sonne. Sehr heiß mittlerweile, aber um halb eins gab es nirgendwo Schatten (dafür jede Menge Vitamin D). Nach dem Essen zogen wir deshalb weiter für einen doppelten Espresso im Lieblings-Innenstadt-Café (dort drinnen, weil die Außenplätze alle besetzt waren, das war aber auch okay). Um kurz vor halb zwei ging der Liebste wieder zum Bus und ich ging zurück ins Büro, mit einem kleinen Zwischenstopp beim Bäcker, für den ich mal wieder einen Gutschein hatte. (Da achtete ich übrigens das erste Mal so richtig auf den Preis: Für zwei Brote zahlte ich mit Gutschein fünf Euro, der reguläre Preis wäre vier Euro für ein Brot gewesen. Was ich für wahnsinnig teuer halte, wann ist denn Brot so teuer geworden? Da wir normalerweise bei unserem (tendenziell günstigeren) Viertel-Lieblingsbäcker einkaufen oder selber backen, sind mir die Brotpreise nicht so geläufig und ich weiß nicht, ob das überall so ist oder das halt ein Innenstadt-Bäcker-Preis war. Ohne Gutschein fände ich das auf jeden Fall verrückt.)

Erster Punkt am Nachmittag: Endlich zur Post, nachdem ich die letzten zwei Tage Zertifikate bearbeitet hatte. Dummerweise stand ich bei der Hauptpost vor verschlossenen Türen. In der Tür ein Zettel mit „vorübergehend angepassten Öffnungszeiten“.  Und diese sahen vor, dass Montag-Freitag schon um 13 Uhr geschlossen wurde (Samstag ja sowieso). Um 13 Uhr in der Hauptpost! Klar, Urlaub und Krankheit und so, aber ich erinnere mich nicht, dass es das je gegeben hatte. Ziemlich genervt ging ich mit meinen Briefumschlägen zurück ins Büro.
(Ich frage mich, ob ich in zwanzig Jahren darauf zurückblicke und nur milde lächle angesichts der Tatsache, was mir damals als Problem und Krisenwarnzeichen erschien. „Du fandest es beunruhigend, dass die Post die Öffnungszeiten verkürzt? Wenigstens gab es damals noch eine Post! Die zuverlässig funktioniert hat! Und auf dem Weg zur Filiale lief man nicht Gefahr, überfallen zu werden!…“)

Restlicher Nachmittag: Ein Beratungstermin, ansonsten nur administrative Sachen, und zwar ausschließlich für die nächsten Wochen. Weder konnte ich mich um Unterrichtsvorbereitung für den nächsten Tag kümmern, noch irgendwelche längerfristigen Sachen angehen. Was ich etwas unbefriedigend fand, andererseits waren die kurzfristigen Sachen alle wichtig, und überhaupt wenn man im Büro ist und deshalb die eine oder andere Spontanbesprechung mit anwesenden Kolleg:innen (oder Chef:innen) hat, dann lässt sich das kaum vermeiden. Und die sind schließlich auch wichtig.

Auf jeden Fall arbeitete ich bis Viertel vor sechs, dann holte der Liebste mich ab. Eigentlich hatten wir früher mit der Arbeit aufhören wollen, aber egal, jetzt war er da und wir machten gemeinsam Feierabend, der Plan: eine Runde Radfahren.
Daheim zog ich mich schnell um, wir warfen ein paar Dinge (Badesachen unter anderem) in meine Lenkertasche, sahen nach dem Kater (nicht da) und fuhren um zehn nach sechs los zum benachbarten Baggersee. Hm. Die Strecke war ich jetzt ja schon ein paar Mal gefahren (eine Richtung: 30-40 Minuten für mich, also eine schöne Feierabendrunde), aber bis jetzt schien ich mit dem Wind Glück gehabt zu haben. Dieses Mal nicht: Wir hatten permanent Gegenwind, und das war mal sowas von mühsam. Hätte ich das vorher geahnt, hätte ich mich wahrscheinlich gar nicht aufs Rad gesetzt (zum Glück hatte ich über den Wind vorher nicht nachgedacht). Auf jeden Fall war es ein ordentliches Workout, ich fluchte in Gedanken leise vor mich hin und fragte mich, ob ich mich jetzt zu so einer Person entwickle, die Sport macht. (Also nicht Sport, sondern Sport, so mit Sportkleidern und Selbstquälerei und Gesprächen über Equipment und sowas.) In Anbetracht der Tatsache, dass ich zwar Sporthose und -shirt und Helm trug, aber andererseits auch Schlappen und ein Stadtfahrrad hatte, fehlt dazu wohl noch ein Stück. Zum Glück, mir waren Sportler bisher eigentlich immer eher unsympathisch.
Im Übrigen sahen wir nur wenige normale Radler (der Wind vermutlich), dafür einige, die Sport machten (Equipment und so), überholt wurden wir aber nur von Leuten, die Sport! machten (Rennrad und Trikot und sehnige Waden), sowie von Leuten, die „Sport“ machten (Motor am Fahrrad, da täuscht dann auch das Trikot nicht drüber hinweg). Ich sortiere mich dann doch eher bei den Radler:innen ein.

Am Baggersee hat kürzlich ein neuer Biergarten aufgemacht, und mit wackligen Beinen dort angekommen, holten wir uns erst einmal eine Portion Pommes (mit vier Euro ganz schön teuer) und ein alkoholfreies Weizen. Nach so zwanzig Minuten und einem absorbierten Essen war ich gestärkt genug, dass wir uns etwas ans Seeufer setzten. Wir hatten zwar Badesachen mitgenommen, aber mir war es irgendwie zu windig, und es gab keine gute Stelle, wo man sich umziehen konnte, und das Ufer war schlammig, und überhaupt. Da der Liebste auch nicht so erpicht drauf war, ließen wir das Schwimmen also sein und schauten nur den anderen Leuten beim Planschen zu. Nicht mehr so furchtbar viele im Wasser, es war schon nach sieben und hatte eine deutliche Abendsonne.
Nach etwas aufs-Wasser-Schauen fuhren wir wieder heim. Der Wind hatte sich beruhigt, außerdem war es sowieso Rückenwind, und ich kam in einen guten Rhythmus, radelte vor mich hin und hatte fast, ich wage es kaum zu sagen, Spaß beim Fahren. Als wir um kurz vor acht daheim waren, hatte ich das Gefühl, mich ziemlich gut durchbewegt zu haben.

Daheim Katerfütterung (der war etwas beleidigt, dass wir so spät kamen, aber er war halt den ganzen Tag weg gewesen), dann schnelles Kochen, wir machten einen mediterranen Nudelsalat mit Balsamicodressing, Cherrytomaten, geschmorten Pilzen, Oliven, Spinat und Basilikum. Etwas zu viel Flüssigkeit vom Spinat und den Tomaten, trotzdem sehr lecker. Dazu suchte ich ein bisschen nach neuen Dokus und stolperte schließlich in der MDR-Mediathek über eine Dokureihe der Bergwacht in der Sächsischen Schweiz, die zwei ersten Folgen davon wurden unsere Abendunterhaltung  (der Liebste reparierte nebenher die Cloud). Ich hatte ja keine Ahnung, dass es dort so schön ist. Falls es irgendwann mal wieder so etwas wie Urlaub geben sollte, dann hätten der Liebste und ich schon unser nächstes Ziel. Zum Wandern dann.