Gönninger Seen, Sonntag 2.7.2023

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In der Nacht schien es ordentlich geregnet zu haben, als ich um acht aufwachte (noch ordentlich müde, aber einigermaßen ausgeschlafen), waren Dachterrasse und Garten nass und der Kater drinnen. Die Sonne schien, die letzten Regenwolken zogen gerade ab, klare und frische Luft. Eigentlich ein perfekter Tag zum Wandern, ich war nur einfach sehr, sehr müde. War aber egal: Wir wollten wieder raus. Der Liebste hatte uns eine neue Tour auf die Cloud geladen (eine Empfehlung von einer Unterrichtsteilnehmerin von mir, die seit wenigen Jahren erst in der Gegend oder überhaupt in Deutschland wohnt, ich bin halt schon seit 25 Jahren hier, aber ich kenne trotzdem nix), ich holte sie mir auf die OSM-App und konnte sie nach etwas Gedöns sogar öffnen.
Dann englisches Frühstück, Tasche packen, irgendwie ewig für Bad und Aufräumen und Krempel brauchen, und am Ende war es dann wieder kurz vor elf, bis wir loskamen. Frühe Wanderer werden wir in diesem Leben vermutlich nicht mehr. War aber egal. Da unsere Tour dieses Mal wieder sehr dörflich mitten auf der Alb lag und wir (nach dem Zug-Generve letztes Mal) sicher nicht auf unzuverlässige Sonntagsbusse warten wollten, hatte der Liebste uns einen Renault Zoe gebucht, und so fuhren wir also in den Nachbarlandkreis und starteten um halb zwölf (und damit immerhin 35 Minuten früher als das letzte Mal) unsere nächste Wandertour.

Die Runde war mit ungefähr 15 Kilometern (und einigen Höhenmetern) geplant, einmal zu den Gönninger Seen, den Gönninger Wasserfällen und zum Roßberg, alles auf der Reutlinger Alb. Wie gesagt eine Empfehlung, nicht nur an mich persönlich, sondern auch enthusiastisch auf Wanderseiten im Internet, und ich muss sagen: Das war auch völlig gerechtfertigt, es war eine ausgesprochen schöne Tour.
Wir starteten am Gönninger Rathaus und gingen dort erst einmal (gleich mit dem ersten Wasserfall am Ortsausgang) leicht bergauf zum Albtrauf und dort mitten ins Naturschutzgebiet. Den ersten Kilometer wurden wir noch von drei Ziegen begleitet, die dort von ihren Besitzern spazieren geführt wurden, zwei Ziegen freilaufend, die dritte an einer Leine, aber ich hinterfragte nichts. (Die Leitziege vermutlich, spekulierten wir.) Ab dem Naturschutzgebiet waren wir dann ziemlich allein, nur wenige Wanderer kamen uns entgegen, ansonsten kleine Pfade, Wald, ein bisschen Matsch (es hatte in der Nacht geregnet und ich war über meine Wanderstiefel froh) und ganz wunderbar klare, regenfrische Luft. Ich konnte spüren, wie der Stress der letzten Woche in großen Brocken von mir abfiel.

Die erste Pause machten wir am ersten der drei Gönninger Seen. Alle drei Seen sind relativ winzig, in einem ehemaligen Steinbruchgebiet entstanden und von einem natürlichen Bach durchlaufen, der auf der Strecke dann auch für die diversen Wasserfälle sorgt. Während See 2 und 3 eher romantisch-bewachsene Entenweiher sind, hat der erste See ein teilweise flaches, steiniges Ufer, fällt dann tief ab und eignet sich deshalb prima zum Schwimmen (wenn es auch kein offizielles Badegewässer ist). Wir setzten uns auf eine Bank, sahen einem echten Schwimmer und drei Planschern zu und aßen die ersten beiden Fitnessriegel, die wir am Samstag aus dem dm geholt hatten (so langsam entwickeln wir uns zu so merkwürdigen Trekking-Nerds mit Proteinriegeln und so Zeugs).

Die Strecke führte weiter am Bach entlang, sodass wir einen Blick auf die Wasserfälle 2, 3 und 4 werfen konnten (alle drei nicht so wahnsinnig spektakulär, es ist ein kleiner Bach, aber halt komplett natürlich und naturbelassen und schon sehr pittoresk), irgendwann dann ein kleiner Kletterweg eine Felsabbruchkante hoch und dann durch Wiesen und Wald in einem Bogen in Richtung Roßberg. Dort ließ uns zwischenzeitlich unsere App etwas im Stich, vermutlich war das GPS-Signal nicht so akkurat, mein Handy zeigte mir den Weg immer um 20 Meter versetzt an – was dazu führte, dass wir irgendwann einen Holzweg hochmarschierten, der immer mehr verschwand und schließlich in einer Sackgasse endete. War aber egal, wir drehten um, fanden den richtigen Weg (wirklich eher ein zugewachsener Trampelpfad) links vom Bach und freuten uns. Nur die zweite Pause ließ auf sich warten, es war mittlerweile halb zwei und wir hatten unser Haupt-Essen, zwei Brötchen mit Burgerpatties, schon während des Gehens in der Hand gegessen. Ein Effekt des Naturschutzgebiets war es wohl, dass es zwar Wanderpfade (und ein paar Schotter-Holzarbeiter-Autobahnen) gab, aber keine Grillplätze, Bänke oder ähnliches.

Letztes Stück durch den Wald, die ganze Zeit leicht bergauf – wie gesagt deutlich Höhenmeter auf dieser Tour, aber alles gut machbar – und schließlich waren wir draußen, auf der Hochebene, mit Magerwiesen, Büschen und Blick auf den Roßberg. Leider auch mit Landstraße und Parkplätzen, denn das Wanderheim auf dem Roßberg inklusive Biergarten kann (theoretisch) auch mit dem Auto angefahren werden, zumindest der Wanderparkplatz am Fuß des Berges war sehr gut belegt. War uns aber egal, unser Weg führte uns in genug Distanz zur Straße den Berg hoch. Wir machten erst einmal eine zweite Pause, in Ermangelung von Bänken einfach so auf der sonnenwarmen Magerwiese, und aßen dort eine komplette Box wunderbarer Erdbeeren. Sehr sommer-schön, das alles, nur ein bisschen windig.

Das letzte Stück den Berg hoch gab es dann eine Menge Ausflügler, Spaziergänger, Tralala, und ich machte mir schon Sorgen wegen des Biergartens. Der war dann aber großzügig, wunderschön gelegen und mit noch reichlich Platz. Und zu unserem Erstaunen mit einem ordentlichen veganen Angebot (eine vegane und eine veganisierbare Bowl, dazu veganer Apfelkuchen und Pflanzenmilch für den Kaffee). Wir nahmen zwei Milchkaffee und zwei alkoholfreie Hefe, der Liebste noch ein Stück Apfelkuchen dazu. Um uns herum ein paar Schlappen-bewehrte Ausflügler, aber die meisten Leute waren wohl zu Fuß gekommen, oder – vermutlich sogar noch mehr – mit Fahrrad oder e-Bike. Ich beschloss, mir den Biergarten als Ausflugsziel zu merken, eigentlich unfassbar, dass er mir bis jetzt entgangen war.

Der Rückweg wurde dann erst einmal etwas wild, denn das erste Stück war ein ausgesprochen steiler Klettersteig, und das halt bergab. Ich war SO froh über meine Wanderstiefel und krabbelte ansonsten rückwärts, teilweise auf allen Vieren und leicht vor mich hinfluchend den Steig herunter. Irgendwie war dieser Teil in der Beschreibung ein bisschen ausgelassen worden.
Danach ging es aber wieder zahmer weiter, zwar Single Trail durch den Wald und teilweise wirklich steiles Gelände, aber alles gut im normalen Wanderschritt zu machen. Und ausgesprochen schön, so im fast-natürlichen, lichten Buchenwald. Wir aßen die restlichen Fitnessriegel, mäanderten uns den Berg hinunter und waren gegen vier nach ungefähr viereinhalb Stunden Gehzeit und 15 Kilometern Strecke wieder zurück am Auto. Und gegen halb fünf SEHR zufrieden wieder daheim.

Dort legte ich mich erst einmal mit Buch und einem letzten Glas Weißwein aufs Schattendeck. Eigentlich ja an Tagen vor Arbeitstagen kein Alkohol, aber auch eigentlich wollte ich diese Flasche Grauburgunder nicht in die zweite Woche mitnehmen, offen im Kühlschrank stehend. Also opferte ich mich.
Das Kochen übernahm ich größtenteils, der Liebste schnippelte ein bisschen und kümmerte sich dann um Ebay, während ich uns einen großen Topf einfache Linsensuppe kochte. Als Nachtisch Erdbeeren mit Quark, dazu ein paar Folgen Rookies. Vor mir zwei sehr anstrengende Tage, deshalb gingen wir früh ins Bett, sehr froh, dass wir den Tag gut genutzt hatten. Die Wandertouren am Sonntag gehen zwar ein bisschen von der gründlichen Putzzeit ab (ich hatte immerhin die Küche so ein bisschen bearbeitet und der Liebste hatte einmal durchgefegt), aber das ist es uns wert. Regenwettertage oder Horrorhitzetage kommen vermutlich noch bald genug.